Der "Endkampf" wird immer sinnloser
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- Schlacht um Würzburg (31.03.1945 – 06.04.1945)
- Ruhrkessel (01.04.1945 – 21.04.1945)
- Rheinwiesenlager (April – September 1945)
- Kampf um Alland (04.04.1945 – 22.04.1945)
- Georgischer Aufstand auf Texel (04.04.1945 – 20.05.1945)
- Die Schlacht von Heilbronn (04.04.1945 – 12.04.1945)
- Schlacht um Crailsheim (05.04.1945 – 21.04.1945)
- Schlacht um Königsberg (06.04.1945 – 09.04.1945)
- Schlacht bei Struth (07.04.1945 – 09.04.1945)
- Die letzten Tage in Schweinfurt (01.04.1945 – 13.04.1945)
- Tod von Franklin D. Rosewelt (12.04.1945)
- Schlacht um die Seelower Höhen (16.04.1945 – 20.04.1945)
- Schlacht um Nürnberg (16.04.1945 – 20.04.1945)
Schlacht um Würzburg (31.03.1945 – 06.04.1945)
Die Schlacht um Würzburg 1945 dauerte von Karsamstag, dem 31. März 1945 bis zum darauffolgenden Freitag, dem 6. April 1945 und endete mit der Einnahme der unterfränkischen Grossstadt durch die 42. US-Infanteriedivision (Rainbow).
Die Verteidigung von Würzburg unter Gauleiter Otto Hellmuth und der militärischen Führung des Wehrmacht-Oberst Richard Wolf und auf Befehl Hitlers stellte den ersten ernsthaften Widerstand für die amerikanische Division nach der Rheinüberquerung dar. Nachdem Hettstadt im Nordwesten Würzburgs am Ostersonntag in amerikanische Hand gefallen war, wurden in der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag unter dem Druck der vorrückenden amerikanischen Truppen und wegen nicht im erwarteten Masse eintreffender Verstärkungen alle deutschen Kräfte auf das rechte Mainufer zurückgezogen.
Während die US-Artillerie auf den Anhöhen des Nikolausberges und des Katzenberges Stellung bezog, um von dort die Innenstadt zu beschiessen, wurde der rechtsmainische Keesberg mit deutschen Geschützen bestückt. Am Ostermontag wurde dann gegen 11:30 Uhr die Ludwigsbrücke (auch Löwenbrücke genannt), gegen 16:45 Uhr die Alte Mainbrücke und gegen 17:15 Uhr die Luitpoldbrücke (heute Friedensbrücke) gesprengt, womit alle drei damals existierenden Würzburger Mainbrücken für amerikanische Truppenbewegungen unpassierbar waren.
In der Nacht zum Dienstag setzten einige GIs im Bereich der Ludwigsbrücke mit leichten Booten über den Main ohne auf nennenswerten Widerstand zu stossen und am darauffolgenden Tag konnte der dort errichtete Brückenkopf ausgeweitet werden. Die Truppenbewegungen kamen jedoch schon ziemlich bald unter das gezielte Feuer von Scharfschützen, die vom Kampfkommandanten Wolf in Häusern postiert worden waren. Stromabwärts (nördlich) der Alten Mainbrücke wurden auf einer von Pionieren errichteten Schwimmbrücke ab dem 3. April leichte Fahrzeuge und Infanteristen auf das rechte Mainufer transportiert.
Die schwersten Häuserkämpfe fanden am Mittwoch und am Donnerstag im Innenstadtbereich statt, welcher seit dem Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 in Trümmern lag, ein am 5. April versuchter Gegenstoss deutscher Truppen in Richtung der drei Mainbrücken scheiterte wegen mangelnder Bewaffnung und Würzburg fiel in amerikanische Hand.
Nachdem sein Sohn beim Kampf in einer Volkssturmabteilung gefallen war, setzte sich der ebenfalls mit der Waffe in der Hand kämpfende Oberbürgermeister Theo Memmel ins Hinterland ab. Am Freitag, dem 6. April 1945, stellten auch die letzten deutschen Einheiten in Aussenstadtbezirken den Widerstand ein und der Kampf um Würzburg war beendet.
Ruhrkessel (01.04.1945 – 21.04.1945)
Als Ruhrkessel wird eine Kesselschlacht bezeichnet, die im April 1945 im Rheinland und Westfalen stattfand. Es war neben dem Kessel von Halbe und der Schlacht um Berlin die letzte grosse Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf dem europäischen Kriegsschauplatz. In Erinnerung an den bei Paderborn gefallenen Kommandeur der 3. US-Panzerdivision „Spearhead“, General Maurice Rose, trägt die Schlacht vor allem in den USA auch den Beinamen „Rose Pocket“ (sonst: „Ruhr Pocket“).
Entstehung
Nach der alliierten Rhein-Überquerung am 23. und 24. März 1945 (Operation Plunder) stiessen britische und kanadische Truppen nördlich des Ruhrgebiets weiter in das deutsche Hinterland vor. Am 1. April trafen sie bei Lippstadt mit den südlich aus dem Brückenkopf von Remagen operierenden US-Truppen zusammen. Damit waren über 300.000 Soldaten der Heeresgruppe B, Reste von etwa 21 Divisionen und Millionen von Zivilisten in einem durch vorausgegangene Bombenangriffe teils völlig zerstörten Gebiet eingeschlossen. Die südliche Front des Kessels bildete die Sieg, im Westen war der Rhein die natürliche Grenze.
Eingekesselte Verbände der Heeresgruppe B
- Armee General der Infanterie Gustav-Adolf von Zangen, Chef des Stabes Oberst i. G. Walter Reinhard
- Armeekorps, General Friedrich Köchling
- Armeekorps, General der Infanterie Franz Beyer
- Armeeabteilung von Lüttwitz Stabschef: Oberstleutnant Graf von Bernstorff
- Armeekorps, General der Infanterie Erich Abraham
- Armeekorps, Generalleutnant Fritz Bayerlein
Befehlslage
Die Verbände der Wehrmacht standen unter dem Oberbefehl von Generalfeldmarschall Walter Model. Die Zivilbehörden, paramilitärischen Einheiten der NSDAP und der Volkssturm (einschliesslich Freikorps Sauerland) waren nach dem 24. März 1945 (alliierter Rheinübergang) dem Gauleiter Albert Hoffmann als leitenden Reichsverteidigungskommissar-West unterstellt.
Die US-Truppen wurden im Süden und Norden des Ruhrgebiets von zwei Befehlshabern kommandiert: Lieutenant General Courtney H. Hodges (1. US-Armee) und Lieutenant General William H. Simpson (9. US-Armee).
Verlauf
Während Stosskeile der Alliierten bereits nach Nord- und Mitteldeutschland vorrückten, drängten US-Truppen den Ruhrkessel bis auf wenige Kilometer zusammen. Am 12. April begann eine Operation zur Teilung des Kampfgebiets: Von Süden her stiess die 86. US-Infanteriedivision in einer schnellen Operation durch das Sauerland in Richtung Hagen vor, so dass der Kessel in zwei Teile gespalten wurde.
Der kleinere östliche Teil, darunter auch eine schwere Panzerjägerkompanie mit Jagdtigern, ergab sich darauf am 15. April im Raum Iserlohn. Der Kommandierende General des LIII. Armeekorps, Generalleutnant Fritz Bayerlein, kapitulierte bei Menden im Sauerland. In einigen Städten, z. B. Hohenlimburg und Hagen, wurde jedoch stellenweise noch bis zum 17. April gekämpft.
Der westliche Teilkessel im Bergischen Land und bei Düsseldorf und Duisburg leistete zum Teil noch bis zum 21. April Widerstand. Generalfeldmarschall Model, der bis zuletzt den Befehlen Adolf Hitlers folgte, beging am 21. April in einem Ratinger Waldgebiet südlich von Duisburg Selbstmord. Der im südöstlichen Raum um Schmallenberg befehlsführende General der Infanterie Joachim von Kortzfleisch fiel am 20. April in Wulwesort.
Zuvor konnte eine Gruppe um Aloys Odenthal am 16. April in Düsseldorf den Polizeipräsidenten festnehmen und mit US-Truppen Verbindung aufnehmen. SS-Einheiten und Gauleiter Friedrich Karl Florian schlugen diese Aktion bürgerlichen Widerstands, genannt Aktion Rheinland, jedoch blutig nieder; noch in der Nacht vor dem Einmarsch der US-Truppen wurde eine Anzahl Beteiligter nach Standgerichten erschossen.
Ab Februar 1945 und vor allem während der Kämpfe im Ruhrkessel ermordete die Gestapo in Dortmund (Mahnmal Bittermark), Hagen, Bochum, Warstein, Solingen und anderen Orten Hunderte ausländische Zwangsarbeiter, deutsche Regimegegner, Deserteure und Justizgefangene.
Über diese Kriegsendphasenverbrechen der Gestapo waren Generalfeldmarschall Model und der Reichsverteidigungskommissar Albert Hoffmann informiert. Am 7. April hatte Model einen Befehl herausgegeben, der Häftlinge in Strafanstalten und in Untersuchungsgefängnissen zur „Überprüfung“ der Gestapo überantwortete.
Verluste
Die US-amerikanischen Verluste bei der Eroberung des Ruhrkessels betrugen rund 1.500 Gefallene. Etwa 10.000 deutsche Soldaten, Angehörige des Volkssturms und der Waffen-SS sowie Zivilisten, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter kamen bei den Kämpfen ab Ende März 1945 ums Leben. Um einer formellen Kapitulation zu entgehen, stellte Generalfeldmarschall Model den deutschen Soldaten Entlassungspapiere aus. Die Soldaten des Ruhrkessels wurden als Disarmed Enemy Forces und mit ihnen auch viele Uniformträger ziviler Behörden in die Rheinwiesenlager verbracht. Es handelte sich um die Angehörigen der 15. Armee und der 5. Panzerarmee, bestehend aus den Resten von 19 Divisionen mit rund 300.000 Soldaten. In diesen Lagern lebten die Gefangenen unter freiem Himmel.
Rheinwiesenlager (April – September 1945)
Die Rheinwiesenlager (offizielle amerikanische Bezeichnung Prisoner of War Temporary Enclosure, PWTE) waren Gefangenenlager der USA, Grossbritanniens und Frankreichs im Rheinland am Ende des Zweiten Weltkriegs. In ihnen wurden unterschiedliche Gruppen von Gefangenen vorübergehend inhaftiert. Sie existierten von April bis September 1945 und unterschieden sich während dieser Zeit massgeblich in Grösse, Ausstattung und Lage.
Geschichte
Nach dem Scheitern der Ardennenoffensive und der Zerschlagung des Ruhrkessels waren hunderttausende Wehrmachtsoldaten in Kriegsgefangenschaft geraten. Im Anschluss an die deutsche Kapitulation befanden sich 3,4 Millionen Menschen in US-Gewahrsam. Ursprünglich planten die Alliierten, ihre Häftlinge bis Kriegsende nach England zu schaffen, um sie dort zu versorgen. Aufgrund der schieren Anzahl der Inhaftierten erschien es aber geeigneter, die Gefangenen in Deutschland festzusetzen. Dafür wurden entlang des Rheins 23 Kriegsgefangenenlager errichtet. Die Möglichkeit, zurück ins Reich zu fliehen und im Untergrund Widerstand zu leisten, erschwerte man durch Anlage der Haftanstalten am westlichen Flussufer. Obwohl die meisten Lager am linken Ufer des Rheins lagen, was auch ihren Namen prägte, trifft das z. B. auf die Lager bei Bad Kreuznach oder Siershahn nicht zu. Die offizielle Bezeichnung lautete „Prisoner of War Temporary Enclosures“ (PWTE).
Die Lager entstanden von April bis Juni 1945 und wurden nach einem einheitlichen Schema errichtet. Am Rande eines Ortes, der in der Regel einen Bahnanschluss hatte, wurde eine offene Ackerfläche abgegrenzt. Dieses Areal unterteilten die Verantwortlichen mit Masten und Stacheldraht in zehn bis zwanzig Camps, die Platz für fünf- bis zehntausend Häftlinge boten. Feldwege wurden zu Lagerstrassen umfunktioniert und angrenzende Gebäude dienten der Verwaltung, als Küchen und Krankenstationen. Die Kriegsgefangenen mussten ihre soldatische Feldausrüstung abgeben und waren darum gezwungen, sich Erdlöcher als Schlafstätten zu graben. Mit der Bewachung der Lager war die 106. Infanterie-Division (106th Infantry Division) des amerikanischen Heers beauftragt, die auf 40.000 Mann aufgestockt worden war und zusätzliche Transporteinheiten erhalten hatte, um Nahrung in die Lager zu schaffen. Die Transportkapazität reichte nicht aus, mit der Organisation der Lager war die Division völlig überfordert, weshalb diese den deutschen Gefangenen überlassen wurde. Die interne Verwaltung der Lager überliessen die Amerikaner den deutschen Gefangenen: Lagerleiter, Lagerpolizei, Ärzte, Köche, Arbeitskommandos etc. waren von Deutschen besetzte Posten.
Nach mehreren Wochen wurden diejenigen aus den Lagern entlassen, die politisch unverdächtig waren, vor allem Hitlerjungen und Frauen. Danach wurden bestimmte Berufsgruppen entlassen, die für den Wiederaufbau wichtig waren: landwirtschaftliche Arbeiter, LKW-Fahrer, Bergleute. Ende Juni 1945 wurden die Lager Remagen, Böhl-Iggelheim und Büderich bereits wieder aufgelöst. Diese erste Entlassungswelle wurde aber wieder gestoppt.
Im April und Anfang Mai 1945 war die Versorgung nur unregelmässig und reichte nicht, danach besserte sie sich langsam. Erst im Juni gab es ausreichende Essensportionen. Im Verlaufe von Mai und Juni erhielten alle Lager Latrinen, Küchen und Krankenreviere. Dreck, Nässe, Unterernährung und unhygienische Umstände führten zu Krankheiten. Der Ausbruch von Seuchen wurde von den Amerikanern verhindert, indem sie das Trinkwasser chlorten, alle Gefangenen mit DDT entlausten und reichlich Seife und Toilettenpapier zur Verfügung stellten.
Das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte in Nordwesteuropa (SHAEF) bot Frankreich, das an die USA mit der Forderung herangetreten war, 1,75 Millionen Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter zu erhalten, die Übernahme der Rheinwiesenlager an. Bis zum 10. Juli 1945 wurden die Lager an die Franzosen übergeben, die Briten hatten die Lager in ihrer Zone bereits bis zum 12. Juni übernommen. Die Kriegsgefangenen wurden nach Frankreich transferiert, soweit sie nicht als arbeitsuntauglich an Ort und Stelle entlassen wurden. Bis etwa Ende September 1945 waren sowohl die britischen als auch die französischen Lager aufgelöst. Lediglich das Lager Bretzenheim bei Bad Kreuznach diente noch bis 1948 für die aus Frankreich heimkehrenden Kriegsgefangenen als Durchgangslager.
Lagerbedingungen
Lager Remagen
Die Ernährung und die hygienischen Verhältnisse in diesen Lagern, eingezäunten verschlammten Wiesen unter freiem Himmel, auf denen die Gefangenen mangels Baracken in offenen Erdlöchern lebten, waren schlecht bis katastrophal. Reguläre Soldaten waren durch den Kriegsdienst meist abgehärtet und kamen mit den Bedingungen leichter zurecht. Versuche des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) den Gefangenen zu helfen, wurden von den Amerikanern abgewehrt, dem IKRK wurde der Zutritt zu den Lagern verwehrt, da es von der US-amerikanischen Besatzungsmacht nicht erwünscht war, Abgesandte des IKRK die Zustände in den Lagern sehen zu lassen.
Der völkerrechtlich nicht definierte Status DEF (entwaffnete feindliche Streitkräfte) wurde auf die meisten deutschen Soldaten angewandt, die von den US-Streitkräften erst nach der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 gefangengesetzt wurden. SS-Angehörige sowie verdächtige Personen wurden jedoch grundsätzlich nicht zu DEF erklärt. Die Verpflegung der DEF war an der der ebenfalls durch die USA versorgten „Displaced Persons“, ehemalige NS-Zwangsarbeiter, bemessen und entsprach etwa 1500 kcal pro Tag. Die Lebensmittelrationen der deutschen Zivilbevölkerung im Frühjahr 1945 lagen im Vergleich bei ungefähr 1000 kcal. Der grösste Teil der Gefangenen, so etwa Angehörige des Volkssturms und der Hitlerjugend, wurde bereits nach kurzer Zeit entlassen, andere als DEF deklarierte deutsche Einheiten sollten organisatorisch intakt gehalten und als Arbeitskräfte für die amerikanische Armee eingesetzt oder an andere Alliierte überstellt werden.
Ausserdem beschlossen die USA und Grossbritannien 1943, jeweils die Hälfte der Gefangenen zu übernehmen. Diese Rahmenbedingungen bestanden auch noch 1945. Als aber die Alliierten den Rhein überschritten hatten, stieg die Zahl der Gefangenen in einem solchen Masse an, dass die Briten sich sträubten, ihren Anteil zu übernehmen. Die USA übernahmen zunächst alle Gefangenen und legten die amerikanischen Rheinwiesenlager an. Von Kritikern wird die anfangs äusserst mangelhafte Versorgung der Lager mit Nahrungsmitteln als Plan der Amerikaner angesehen, der mit dem Status der DEF in Zusammenhang stehe. Der Status DEF wurde von der amerikanischen Armeeführung im Frühjahr 1946 wieder abgeschafft und durch „Kriegsgefangener“ (prisoner of war, POW) ersetzt. Auffassungen, die katastrophale Situation in den Rheinwiesenlagern habe als wesentliche Voraussetzung den DEF-Status, wurden von Wissenschaftlern in der Auseinandersetzung mit den Thesen von James Bacque zurückgewiesen. Die meisten Gefangenen in den Rheinwiesenlagern waren ursprünglich keine DEF, sondern als Kriegsgefangene eingestuft.
Gefangenengruppen
Im Lager wurden unterschiedliche Gruppen von Gefangenen zeitweilig interniert:
- Reguläre deutsche Kriegsgefangene (Prisoners of War, POW), die vor der Kapitulation am 8. Mai 1945 gefangen genommen wurden
- Disarmed Enemy Forces (DEF), bzw. in britischer Gefangenschaft Surrendered Enemy Personnel (SEP) – gefangen genommene deutsche Soldaten ohne den Status Kriegsgefangener
- Angehörige der Waffen-SS, die zentral im Lager Bretzenheim inhaftiert wurden
- Angehörige des Volkssturms
- Unverdächtige Zivilpersonen (Jugendliche, Frauen, Kriegsversehrte und verwundete Soldaten), die meist nach wenigen Tagen wieder entlassen wurden
Kontroverse um die Anzahl der Todesfälle
Von den umliegenden deutschen Gemeindeverwaltungen wurden 4537 Tote gemeldet, die US-Stellen gaben 3053 Tote an. Die gründlichste Untersuchung über die Todeszahlen wurde von der nach ihrem Leiter Erich Maschke benannten Maschke-Kommission veröffentlicht, die im Auftrag des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte die Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen wissenschaftlich untersuchte. Die Lager mit der höchsten Sterblichkeit waren: Bad Kreuznach (Lager Galgenberg und Lager Bretzenheim), Sinzig bei Remagen, Rheinberg, Heidesheim am Rhein, Wickrathberg und Büderich. In diesen sechs Lagern kamen ca. 5.000 von 500.000 Insassen ums Leben. Rechnet man diese Zahlen auf die ca. 1.000.000 Gefangenen hoch, ergibt sich eine mögliche, aber nicht belegte Zahl an Gesamtverlusten von höchstens 10.000 Menschen. Eine neuere Untersuchung für die beiden Remagener Lager, in denen ein Drittel aller Gefangenen war, bestätigt dieses Ergebnis und schliesst höhere Todeszahlen für diese Region aus. Als jeweils niedrigste und höchste Schätzung der Opfer nennt der US-amerikanische Historiker Arthur L. Smith die Zahlen 8.000 und 40.000.
Kampf um Alland (04.04.1945 – 22.04.1945)
Bei den Kämpfen um Alland im April 1945 wurde das Gebiet um die niederösterreichische Gemeinde Alland im Wienerwald in der Endphase des Zweiten Weltkriegs von sowjetischen Truppen eingenommen. Der Beginn der Kämpfe stand im Zeichen einer Zangenbewegung zur Einschliessung Wiens und der Vorbereitung der Schlacht um Wien.
Chronologie
Folgende Schilderung beruht auf der unten angegebenen Quelle, welche sich ihrerseits auf die Darstellung der Geschehnisse in den deutschen Frontberichten beruft.
4. und 5. April 1945
Im Raum Baden stiessen die sowjetischen Truppen mit ein bis zwei Bataillonen durch das Helenental Richtung Sattelbach – Heiligenkreuz – Sittendorf durch die in der Talenge aufgebauten Sperren vor, angeblich unter Führung von Zivilisten. Vorerst gab es dort keine wesentlichen Kampfhandlungen. Erst die westlich von Heiligenkreuz und bei Mayerling stehenden deutschen Truppen stoppten den Durchbruch nach Alland, wurden aber an den Ostrand Allands sowie Höhen nördlich und südlich davon zurückgedrängt. Sowjetische Geschützbatterien bezogen Stellung beim hochgelegenen Friedhof von Heiligenkreuz und beschossen Alland. Dadurch wurden die Karmelkirche in Mayerling und die Allander Kirche stark beschädigt. Während dieser Zeit wurden Grüfte des Friedhofs, auch die Mary von Vetsera, aufgebrochen und nach Schmuck durchsucht. Wahrscheinlich an diesem Tag sprengte die Wehrmacht die Brücken über die Schwechat in Mayerling und Alland. Der Grossteil der sowjetischen Truppen bog nach Norden Richtung Sittendorf – Pressbaum – Tulln und konnte so die geplante Westumfassung Wiens durchführen. Ein Teil griff die Verteidigungsstellungen der Deutschen bei Klausen-Leopoldsdorf von Gruberau aus an.
6. und 7. April
Die deutschen Truppen griffen aus dem Raum Pottenstein nach Norden an und besetzten den Raum zwischen Grossau und Groisbach und die Strasse Gainfarn – Raisenmarkt. Die schwache Sicherungslinie Alland – Neulengbach konnte nur mit Mühe von den deutschen Truppen gegen, die nunmehr aus Nordosten anrückenden sowjetischen Truppenteilen gehalten werden.
Den deutschen Truppen gelang am 7. April die Rückeroberung der Schloss-Ruine Merkenstein und des Hohen Lindkogels. Die in Alland und nördlich davon stehende deutschen Truppenteile wurden dagegen von ein bis zwei sowjetischen Regimentern zurückgedrängt und ihre Reste bis zum Schöpfl bei Laaben zurückgeworfen.
8. und 9. April
Am 8. April wurden die Berge östlich der Strasse Raisenmarkt – Schwarzensee, der Buchberg und die Gegend um das Rehabilitationszentrum in Groisbach von deutschen Truppenteilen zurückerobert. Dabei wurden fünf russische Panzer zerstört. Ein weiterer Angriff entsetzte eine Kampfgruppe eines Alarmverbandes, welche sich den ganzen Tag über nordwestlich von Klausen-Leopoldsdorf – bei Weidenbach – aufgehalten hatte.
Die sowjetischen Truppen eroberten am 9. April mit Panzern Schwarzensee, während die deutschen Truppen durch Angriffe nach Norden die Hauptkampflinie Alland – Klausen-Leopoldsdorf festigten.
10. bis 13. April
Die 12. SS-Panzer-Division konnte am 10. April Groisbach und Untermeierhof zurückerobern.
Eine sowjetische Offensive am 12. April in Kompanie- bis Bataillonsstärke auf breiter Front mit Schwerpunkt Alland, Klausen-Leopoldsdorf in Richtung Südwest warf die deutschen Truppen auf die Linie Dörfl – nördlich Grosser Hollerberg zurück.
Am nächsten Tag zogen sich Teile der sowjetischen Truppen an die Linie Alland – Klausen-Leopoldsdorf zurück, während ein sowjetisches Regiment von Hochstrass durch das unübersichtliche Waldgelände nach Süden nach St. Corona vorstiess.
14. bis 16. April
Am 14. April stiessen sowjetische Truppen von Schwarzensee bis an die Strasse Neuhaus – Nöstach vor. Deutsche Truppen starteten im Gegenzug eine Gegenoffensive aus dem Raum westlich von Neuhaus. Nördlich von St. Corona vorrückend gelang es den sowjetischen Truppen die Berge östlich der Strasse Wöllersdorf (bei Laaben) – Hainfeld zu erobern. Die deutschen Truppen errichteten am gleichen Tag eine neue, schwache Sicherungslinie zwischen Brand-Laaben und Stössing.
Der 15. April brachte nur einige Aufklärungsvorstösse der Sowjetarmee.
Am 16. April stiess die 1. SS Panzer-Division mit sowjetischen Truppen in Bataillonsstärke im Bereich Peilstein – Neuhaus zusammen. Die deutschen Truppen schanzten sich an der Strassengabelung 500 m nördlich von Neuhaus ein, nördlich von Nöstach gelang es der 12. SS-Panzer-Division, zwei Vorstösse der sowjetischen Truppen in Bataillonsstärke zurückzudrängen.
17. bis 19. April
In den Hügeln östlich und nordöstlich von Neuhaus, in St. Corona und südlich von Fahrafeld fanden an diesem Tag Gefechte statt. Die sowjetischen Truppen stiessen mit einer grossen Anzahl an Infanterieeinheiten und Panzerverbänden über Heiligenkreuz nach Alland und in das Triestingtal vor. Die deutschen Truppen zogen sich daraufhin von ihren Stellungen bei der Lungenheilstätte zurück, wobei mehrere Panzer wegen Treibstoffmangels zurückgelassen werden mussten. Gegenangriffe der Deutschen erfolgten von der Kranleiten (Hügel) hinunter nach Groisbach, wo zwei Stalinorgeln stationiert waren. Im Hinterhalt befindliche SS-Truppen wurden ebenfalls zurückgedrängt. Die Bevölkerung Allands versteckte sich vor den sowjetischen Truppen in einem aufgelassenen Bergwerksstollen bei Groisbach und in der Arnsteinhöhle am Fusse des Burgfelsens bei Raisenmarkt.
Der Schöpfl wurde mehrmals von beiden Seiten eingenommen.
Am Abend des 19. April stand das 1. SS-Panzerkorps an der Linie: Rothenau im Traisental – Schwarzenbach – Hainfeld – St. Corona – Alland – Maria Raisenmarkt – Weissenbach – Pottenstein – östlich des Hohen Lindkogels – Piesting – Hohe Wand – Grünbach – Puchberg.
21. und 22. April
Die sowjetischen Truppen stiessen aus Berndorf in weiter südwestliche Richtung und über die Strasse Hainfeld – Traisen nach Westen und nach St. Corona vor. Die sowjetische 4. Garde-Armee verstärkte ihre Angriffe im Wienerwald und drängte das 1. SS-Panzerkorps von der Linie, die es seit dem 3. April gehalten hatte, zurück. Deutsche Truppen sammelten sich am selben Tag in Pernitz.
Die Front hatte sich am 22. April aus dem Gemeindegebiet Allands nach der Strasse Altenmarkt – Traisen, Klein-Mariazell, Kaumberg und Hainfeld verlagert. In Hainfeld wurden die Häuser an der Triestingtalstrasse, gemäss Hitlers Nerobefehl, durch SS-Verbände in Brand gesetzt.
Georgischer Aufstand auf Texel (04.04.1945 – 20.05.1945)
Der Georgische Aufstand auf Texel vom 4. April bis zum 20. Mai 1945 war die Revolte von georgischen Angehörigen der Wehrmacht des Georgischen Infanteriebataillons 822 „Königin Tamar“, einer Einheit der Georgischen Legion der Ostlegionen, gegen die deutschen Soldaten auf der niederländischen Insel Texel (Noord-Holland). Das Gefecht am Ende des Zweiten Weltkriegs wird manchmal als Europas letztes Schlachtfeld bezeichnet.
Ausgangslage
Die Insel war nach der Besetzung der Niederlande im Mai 1940 zu einem zentralen Punkt im deutschen Atlantikwall geworden und war stark befestigt. Die Georgier waren Soldaten aus der Georgischen SSR, die an der Ostfront in Gefangenschaft geraten waren und anschliessend auf Seiten der Wehrmacht kämpften. Sie waren in einem Lager auf der Insel stationiert und dienten, entsprechend bewaffnet, der Wehrmacht als Hilfstruppe.
Der Aufstand
In der Nacht vom 5. auf den 6. April 1945 um 1:00 Uhr erhoben sich die Georgier gegen die Deutschen, da sie mit dem deutschen Kommandanten Klaus Breitner an die Front zum Kampf gegen die Alliierten verlegt werden sollten, und übernahmen für kurze Zeit die Kontrolle über die Insel. Allein in dieser Nacht wurden etwa 400 Deutsche getötet – zumeist im Schlaf erstochen. Die Georgier konnten aber die Schiffsbatterien im Norden und im Süden der Insel nicht übernehmen. Zur deutschen Verstärkung traf das 163. Marine-Schützenregiment ein, begann mit Hilfe von Panzern vom niederländischen Festland eine Gegenoffensive und konnte die Insel nach einigen Wochen zähen Kampfes wieder übernehmen.
Während des Russenkrieges (Russenoorlog), wie er auf Texel genannt wird, kamen 800, nach anderen Quellen bis zu 2000 Wehrmachtssoldaten, 565 Georgier und 120 einheimische Niederländer ums Leben. Die Zerstörungen waren enorm, Dutzende Bauernhöfe gingen in Flammen auf. Das Blutvergiessen hielt auch nach der Kapitulation der Deutschen in Dänemark und den Niederlanden (5. Mai) und der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht (8. Mai) an. Nachdem unter Vermittlung des niederländischen Widerstands auf der Insel eine Form von „Waffenstillstand“ zwischen Deutschen und Georgiern erreicht werden konnte, gelang es letztlich den kanadischen Truppen, am 20. Mai „Europas letztes Schlachtfeld“ zu befrieden.
Nach dem Ende der Kämpfe
Die gefallenen Georgier liegen auf dem Friedhof Hogeberg bei Oudeschild auf Texel begraben. In einer auf diesem Friedhof jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltung erinnern Georgier an ihre gefallenen Vorfahren und streuen georgische Erde auf den Gräbern aus.
Die überlebenden 228 Georgier wurden, wie die meisten georgischen Soldaten, entsprechend den Beschlüssen der Konferenz von Jalta gewaltsam in die Sowjetunion zurückgeführt. Viele von ihnen wurden für Jahre in sowjetische Arbeitslager verbracht, nur wenige durften direkt in ihre Heimat zurück. Eine Rehabilitierung der letzten Überlebenden fand erst 1956 im Zuge der Entstalinisierung statt.
Die meisten getöteten deutschen Soldaten wurden auf einem Teil des allgemeinen Friedhofs in Den Burg begraben. 1949 fanden sie ihre letzte Ruhestätte auf dem Soldatenfriedhof Ysselsteyn in Venray (Limburg). Auch die Angehörigen der alliierten Flugstaffeln liegen auf dem Gemeindefriedhof in Den Burg begraben.
Eine ständige Ausstellung über die Ereignisse befindet sich im Luftfahrtmuseum auf dem Flughafen Texel.
Ostlegionen
Die Ostlegionen des Zweiten Weltkrieges waren, im Gegensatz zur Russischen Befreiungsarmee (Wlassow-Armee), ausschliesslich aus Angehörigen der nichtrussischen Minderheitenvölker der Sowjetunion zusammengesetzte Verbände der deutschen Wehrmacht. Dazu zählten militärische Verbände, die aus Kalmücken, Aserbaidschanern, Nordkaukasiern, Armeniern, Georgiern, Turkestanern, Krimtataren und Wolgatataren bestanden. Nicht zu verwechseln ist der Begriff der Ostlegionen mit jenem der Osttruppen, welcher die Gesamtheit aller Truppen aus dem russischen Raum beschrieb, die in der Wehrmacht dienten, mit Ausnahme der baltischen und der ukrainischen Formationen.
Die Anzahl der Ostlegionäre, die von der sowjetischen auf die deutsche Seite wechselten, ist strittig. Nach sowjetischen Recherchen betrug die Zahl der Freiwilligen nicht mehr als 40.000 Mann, andere Angaben schätzen sie auf über 100.000.
Aufstellung und Organisation
Am 22. Juni 1941 begannen das Deutsche Reich mit dem Überfall auf die Sowjetunion den Krieg gegen die Sowjetunion. Zu diesem Zeitpunkt war die Aufstellung von russischen Verbänden bzw. Truppen von Minderheitenvölkern nicht vorgesehen (eine Ausnahme bildeten die Bataillone der „Legion Ukrainischer Nationalisten“). Laut dem Generalplan Ost sollte die Sowjetunion in einem Blitzkrieg niedergeworfen werden und danach als deutsches Ausbeutungs- und Kolonisationsgebiet dienen. Diese politische Konzeption Hitlers erlaubte kaum eine Kooperation mit der Bevölkerung der westlichen Sowjetrepubliken, selbst wenn diese darum bat, sich am Kampf gegen die Rote Armee beteiligen zu dürfen.
Als das Unternehmen Barbarossa scheiterte, fehlte es der Wehrmacht bald an Truppen, um den Sicherungsaufgaben im besetzten Gebiet nachzukommen. Die militärische Führung drängte deshalb bald darauf, einheimische Verstärkungen rekrutieren zu dürfen, was zunächst nur in geringem Umfang gestattet wurde, allerdings mit der Auflage, die Einheiten nicht an der Front zu verwenden. Erste baltische Einheiten wurden aus estnischen Einheiten im Rahmen der Sicherungsdivisionen der Heeresgruppe Nord aufgestellt, um polizeiliche Aufgaben zu übernehmen. Obwohl diese im November 1941 der SS unterstellt wurden, griff die Wehrmacht auf diese Verbände zurück, als sie dringend Reserven benötigte, um die sowjetische Winteroffensive aufzuhalten. Im Herbst 1941 kam es erstmals zu grösseren Aktionen sowjetischer Partisanen im deutschen Hinterland. Um diese zu bekämpfen, wurden die Heeresgruppen am 6. Oktober 1941 ermächtigt, Kosaken-Hundertschaften aus Kriegsgefangenen zu rekrutieren, um diese im eigenen Hinterland einzusetzen. Die Rekrutierung dieser, der russischen Volksgruppe angehörigen Gefangenen, nahm bald grösseren Umfang an, bis auf Betreiben Hitlers am 24. März 1942 die Aufstellung weiterer russischer Verbände untersagt wurde.
Dieses Verbot galt jedoch nicht für die Angehörigen der grösstenteils muslimischen Minderheitenvölker der Sowjetunion. Hitler selbst war diesen gegenüber sehr viel positiver eingestellt, als gegenüber den russischen Völkern. Er bezeichnete sie als die zuverlässigsten Nationen im Kampf gegen den Bolschewismus mit „grösstenteils guten soldatischen Tugenden“. Nach einigen Bedenken wegen der Haltung der Türkei wurde schliesslich auch die Aufstellung von Truppen christlicher Georgier und Armenier erlaubt. Es ist unklar, wer diese Entscheidung Hitlers massgeblich herbeigeführt hat. Der Historiker Joachim Hoffmann vermutete, dass dies auf Bestrebungen der Wehrmacht und des Ostministeriums zurückzuführen war, die vielleicht von der Fürsprache der türkischen Generale Erden und Erkilet unterstützt wurden.
Das „Kommando der Ostlegionen“
Im Zuge der Formierung der Hundertschaften zur Partisanenbekämpfung war schon eine erste Einheit aus verschiedenen nicht-russischen Volksangehörigen im Bereich der Sicherungsdivision 444 aufgestellt worden. Dieses „Turk-Bataillon 444“, das zwischen Perekop und der Dneprmündung eingesetzt wurde, war das erste seiner Art. Für die Aufstellung von Verbänden in grösserem Umfang sollte jedoch laut einer Richtlinie des Generalquartiermeisters im Generalstab des Heeres vom 15. November 1941 auf Erfahrungen des Amtes Ausland/Abwehr II heranzuziehen. Die Abwehr II verfügte bereits über umfangreiche Erfahrungen in der Aufstellung nicht-russischer Verbände. Es gab in ihrem Auftrag bereits einen von Major Andreas Mayer-Mader geleitetes Ausbildungsprogramm („Unternehmen Tiger B“) für turkestanische Freiwillige (später Turkestanisches Infanteriebataillon 450) und den von Oberleutnant Theodor Oberländer aufgestellten kaukasischen Sonderverband Bergmann. Das Oberkommando des Heeres (OKH) entschied sich dafür, das turkestanische Modell als Grundstock zur Aufstellung der Ostlegionen zu übernehmen. Das „Unternehmen Tiger B“ wurde am 13. Januar 1942 dem OKH unterstellt und Major Mayer-Mader zum Chef des Ausbildungsstabes ernannt.
Der Auftrag vom 13. Januar 1942 sah zunächst die Bildung von zwei Verbänden aus Kriegsgefangenen im Generalgouvernement vor: Einer Turkestanischen Legion (Karakalpaken, Kasachen, Kirgisen, Turkmenen, Uzbeken, Tadschiken) und einer Kaukasisch-Mohammedanischen Legion (Aserbaidschaner, Nordkaukasier). Ein Befehl vom 8. Februar 1942 bestimmte noch die Aufstellung einer Armenischen Legion und einer Georgischen Legion. Am 2. August 1942 erfolgte noch einmal eine Umstrukturierung. Aus der Kaukasisch-Mohammedanischen Legion (später Aserbaidschanische Legion) wurden die Angehörigen der kaukasischen Bergvölker herausgezogen und zu einer eigenen Nordkaukasischen Legion zusammengefasst. Zusätzlich erging am 15. August 1942 Befehl zur Aufstellung einer Wolgatartarischen Legion. Somit entstanden im Generalgouvernement insgesamt sechs Ostlegionen.
Zur organisatorischen Führung der neuen Verbände war schon am 18. Februar 1942 der „Aufstellungsstab der Ostlegionen“ gebildet worden, der am 23. Januar 1943 offiziell „Kommando der Ostlegionen“ hiess. Dieser Stab hatte seinen Sitz zunächst in Rembertów und ab Sommer 1942 in Radom. Auf den umliegenden Truppenübungsplätzen fand die Aufstellung der Legionen statt, deren Befehlshaber dem Kommandeur der Ostlegionen unterstellt waren. Die Legionen selbst waren bodenständige Dienststellen, die ausgestattet mit einem Stammpersonal für die Personalangelegenheiten der nicht-russischen Kriegsgefangenen sorgten und diese in verstärkte Feldbataillone formierten. Diese Feldbataillone wurden dann einzeln an die Front geschickt. Bis zum Herbst 1942 wurde eine erste Welle von 15 Feldbataillonen aufgestellt. Da bei ihnen grosse Mängel in Ausrüstung und Ausbildung auftraten, wurde bei der Aufstellung der 2. Welle (21 Feldbataillone) zum Frühjahr 1943 auf eine deutliche Verbesserung hingewirkt. Im Herbst 1943 umfasste die 3. Welle noch einmal 17 Feldbataillone. Die Gesamtzahl von 53 Feldbataillonen, die vom „Kommando der Ostlegionen“ in Polen aufgestellt worden waren, bedeuteten eine Verstärkung des deutschen Ostheeres um 53.000 Mann. Zusätzlich entstanden 1943 aus den untauglicheren Kriegsgefangenen vier „Turk-Arbeits-Bataillone“ und ein „Turk-Arbeits-Ersatz-Bataillon“, die wiederum zu einem eigenen Arbeitsverband zusammengefasst wurden.
Die Literatur nennt ab Mitte Juni 1943 Ernst Köstring zunächst als Inspekteur der deutsch kommandierten Turkvolk-Verbände (Turkistanische Legion), seit 1. Januar 1944 diesen General dann als Kommandeur aller östlichen „Freiwilligen“-Verbände im Oberkommando des Heeres. Am 4. Mai 1945 verlor er diesen Posten durch Gefangennahme im Westen.
Ostlegionen in der Ukraine
Während sich das Kommando der Ostlegionen in Radom vor allem um nicht-russische Kriegsgefangene aus den Bereichen der Heeresgruppen Nord und Mitte kümmerte, war der Bereich der Heeresgruppe Süd zunächst ausgenommen. Die etwa 7000 nicht-russischen Gefangenen wurden von der 11. Armee auf der Krim verwaltet, welche vorhatte, sie in Bau-Kompanien zu organisieren. Die Quartiermeister-Abteilung im OKH sah darin allerdings eine Verschwendung und wünschte, auch diese Gefangenen zu Kampfverbänden zu formieren. Da der Schwerpunkt der für 1942 geplanten Offensive (Fall Blau) ebenfalls im Süden der Ostfront liegen sollte, rechnete das OKH mit einer sehr grossen Anzahl weiterer nicht-russischer Gefangener in diesem Bereich und bedachte das logistische Problem, diese Gefangenen erst nach Radom zu transportieren und die aus ihnen formierten Einheiten wiederum an die Front. Es entschloss sich deshalb für die Aufstellung der neuen Verbände eine zweite Kommandostelle im Bereich der Heeresgruppe Süd selbst zu schaffen.
Verbleib nach dem Krieg
Der grösste Teil der Legionäre liess sich nach 1945 im Raum München nieder und wurde von der bayerischen Verwaltung bzw. späteren Staatsregierung finanziert und als sogenannte „Vertriebene“ mit dauerhaften Papieren versehen. Aus ersichtlichen Gründen gingen sie nicht in die Sowjetunion zurück. Im weiteren Verlauf konkurrierten CIA (Bayern gehörte zur amerikanischen Besatzungszone) und Staatsregierung um den Einfluss auf die Gruppe und unterstützten je verschiedene, sich religiös gebende Fraktionen der Kämpfer. Die Vorgänge werden in den Jahren seit 2000 von verschiedenen Autoren intensiv erforscht und dargestellt.
Die Schlacht von Heilbronn (04.04.1945 – 12.04.1945)
Die Schlacht von Heilbronn war ein neuntägiger Kampf im April 1945 während des Zweiten Weltkriegs zwischen der US-Armee und der Deutschen Armee um die Kontrolle von Heilbronn , einer mittelgrossen Stadt am Neckar zwischen Stuttgart und Heidelberg . Trotz des bevorstehenden Kriegsendes war die Schlacht von einem sehr festen deutschen Widerstand und der Anwesenheit verschiedener NSDAP- Hilfstruppen unter den regulären deutschen Truppen geprägt. Nach tagelangen Kämpfen von Haus zu Haus eroberten Truppen der 100. US- Infanteriedivision Heilbronn und das VI. US- Korps marschierte weiter nach Südosten.
Das Vorhandensein der einzigen kampffähigen Division der Ersten Armee , des 17. SS-Panzergrenadiers , sowie imposanter Flusshindernisse verlieh der neuen deutschen Linie entlang des Jagst- Neckar-Halbmonds echte Substanz. Darüber hinaus war es dem Oberbefehlshaber der Ersten Armee, General Foertsch, durch gewaltige Anstrengungen gelungen, ein beträchtliches Konglomerat anderer Truppen anzuhäufen – zwei Bataillone einer Ingenieurschule, mehrere reguläre Ingenieurbataillone, Ersatzartillerie- und Fliegerabwehreinheiten, Volkssturm, einige Panzer und Sturmgeschütze . und ein Vermischtes, darunter mehrere hundert Hitlerjugendliche , die dem Kampfkommandanten von Heilbronn gehörten. Diese Truppen und Überreste von vier Divisionen sowie die Panzergrenadiere wurden dem XIII. Korps von General Bork unterstellt. Am Nordflügel von Beyers LXXX- Korps befanden sich lose Enden von zwei anderen Divisionen, einschliesslich der 2. Bergdivision , die zur Verteidigung von Heilbronn eingesetzt werden könnten.
Vor Tagesanbruch am 4. April rutschte das dritte Bataillon der 398. Infanterie der 100. Division ungefähr eine Meile nördlich von Heilbronn in Angriffsbooten lautlos über den Neckar, beginnend in der Vorstadt Neckargartach. Als sich die Männer nach Tagesanbruch nach Süden in Richtung Stadt drehten, griff ein deutsches Bataillon, das in einigen Fällen unterirdische Tunnel benutzte, um im Rücken der US-Truppen aufzutauchen, scharf an. Der darauffolgende Kampf zwang die amerikanischen Infanteristen, sich bis auf wenige hundert Fuss vor den Fluss zu begeben. Dort hielten sie, aber erst als am späten Nachmittag ein anderes Bataillon des 398. unter Beschuss stand, konnten sie ihren Vormarsch fortsetzen. Selbst dann konnten sie nicht tiefer als tausend Meter vordringen, kaum genug, um die Grenzstelle von Kleinwaffenfeuer zu befreien. Bis der Brückenkopf ausgebaut werden konnte, hatten die Ingenieure keine Hoffnung, eine Brücke zu bauen. Später am 4. April liess General Burress von der 100. Division die 397. Infanterie südlich der 398. Position den Neckar überqueren.
Bitter von Anfang an waren die Kämpfe um Heilbronn weitergegangen. Obwohl drei der Bataillone der 100. Division schliesslich in den kleinen Brückenkopf nördlich der Stadt eindrangen, um nach Süden in eine Mischung von Fabriken am nördlichen Stadtrand vorzudringen, ging es immer langsam voran. Da der Grenzübergang weiterhin unter deutschem Beschuss stand, hatten die Ingenieure noch keine Hoffnung auf eine Brücke. Ohne enge Feuerunterstützung waren die Infanteristen auf Artillerie am Westufer des Neckars angewiesen, doch im engen Fabrikviertel war das Feuer nur schwer einzustellen. Geschützt vor dem Beschuss durch stabile Gebäude kapitulierten die Deutschen nur selten, ausser an der Spitze eines Gewehrs, obwohl viele der Hitlerjugendlichen nach nur kurzem fanatischem Widerstand genug hatten.

„Haus zu Haus, Raum zu Raum, über tote Krauts, durch Müll, unter Stacheldraht, über Zäune, in den Fenstern und im Freien, schwitzen, fluchen, schiessen, Granaten werfen, in lodernde Häuser stürmen, durch Fussböden und Schranktüren schiessen“.
– US-Soldat des 399. Infanterieregiments über den Kampf in Heilbronn
Als Reaktion auf das intensive Mörserfeuer rannte ein Zug von Hitlerjugend-Soldaten schreiend in die amerikanischen Linien, um sich zu ergeben, während ihre Offiziere auf sie schossen, um sie anzuhalten. In der Nacht zum 5. April überquerte ein Bataillon der 397. Infanterie südlich von Heilbronn den Neckar und fand dort ebenso entschlossen Widerstand. Dort hatten die Ingenieure am Nachmittag des 7. eine Brücke fast fertiggestellt, als die deutsche Artillerie, die von Beobachtern in den Hügeln am Ostrand von Heilbronn kontrolliert wurde, die Reichweite fand. Obwohl es den Ingenieuren am nächsten Morgen endlich gelang, hatte weniger als eine Kompanie Panzer und zwei Züge des 824. Panzer-Zerstörer-Bataillons überquert, bevor die deutschen Granaten die Brücke erneut ausschlugen. Zwei Tage später passierte einer schweren Pontonfähre , die nur noch ein paar Panzer und Panzerzerstörer transportiert hatte, so ziemlich dasselbe. Am 8. April überquerte die 399. US-Infanterie südlich von Heilbronn den Neckar und zog in südliche Industrievororte und in das Dorf Sontheim.
Der grösste Teil von Heilbronn befand sich am 9. April unter US-amerikanischer Kontrolle, [5] aber erst am 12. April wurden die Trümmer von Heilbronn von den Deutschen geräumt und eine Brücke über den Neckar gebaut. An diesem Tag nahm die 397. Infanterie zwei Berggipfel im Osten der Stadt, genannt „Tower Hill“ und „Cloverleaf Hill“. Zusammen mit dem allgemeinen Vormarsch aller drei US-Regimenter bedeuteten diese Aktionen das Ende des organisierten deutschen Widerstands in Heilbronn.
In neun Kampftagen verlor die 100. Division 85 Tote und wahrscheinlich das Dreifache dieser Zahl Verwundeter. Dabei haben Amerikaner 1.500 Deutsche gefangen genommen. Die 63. Division , die in späteren Phasen von Panzern der 10. Panzerdivision unterstützt wurde , hatte in der Zwischenzeit konstanten Druck auf die feindliche Linie entlang der Jagst ausgeübt und fuhr aus der Nähe der Jagst- Tauber- Landbrücke nach Südwesten, um die zu fangen 17. SS Panzer Grenadier Division nahe dem Zusammenfluss von Jagst und Neckar. Obwohl ein Panzerkontingent am 14. April endlich Kontakt zur 100. Division bei Heilbronn aufgenommen hatte, waren die Panzergrenadiere abgehauen.
Bewertung
Die voreilige, aber überraschend starke Stellung von General Foertsch am Jagst-Neckar-Halbmond hatte elf Tage oft heftiger Kämpfe in Anspruch genommen. Angesichts des entschlossenen Widerstands waren die amerikanischen Opfer relativ gering, ein Tagesdurchschnitt für das VI. Korps von ungefähr 230. Dennoch war diese Zahl fast doppelt so hoch wie die Zahl der Opfer, die das Korps bei der Verfolgung der beiden Flüsse erlitt. Obwohl die deutsche Verteidigung den Vormarsch eines Teils des VI. US-Korps um fast zwei Wochen verzögert hatte, behinderte sie den Vormarsch der US-Armee nach Süddeutschland nicht wesentlich.
Heilbronn selbst war vor der neuntägigen Schlacht, die zur Eroberung der Stadt durch die US-Streitkräfte führte, durch Luftangriffe schwer beschädigt worden, doch der urbane Charakter der Schlacht führte zweifellos zu einem noch grösseren Schaden für die Stadt.
Schlacht um Crailsheim (05.04.1945 – 21.04.1945)
Als Schlacht um Crailsheim werden die Kampfgeschehnisse in und um Crailsheim am Ende des Zweiten Weltkriegs vom 5. bis zum 21. April 1945 bezeichnet.
Erste Besetzung
Nachdem die Wehrmacht die amerikanische Offensive am Neckar zeitweilig gestoppt hatte, wurde auf Seiten der Amerikaner ein Vorstoss geplant. Panzereinheiten sollten über die alte Kaiserstrasse von Bad Mergentheim in Richtung Crailsheim vorrücken und somit die am Neckar stehende Wehrmacht umgehen und sie mit Einkesselung bedrohen.
Wichtig für das weitere Schicksal Crailsheims ist der Kommandeur des XIII. SS-Armeekorps, SS-Gruppenführer Max Simon, der auch für den Frontabschnitt Crailsheim zuständig war. Er wird als einer der „ärgsten nationalsozialistischen Durchhaltegenerale“ bezeichnet. Am Morgen des 5. April startete die 10. US-Panzerdivision den geplanten Durchbruchversuch und näherte sich am 6. April Crailsheim. Nachmittags gegen 17 Uhr fuhren die amerikanischen Panzer ohne Widerstand in die Stadt hinein. Die Verteidiger waren durch den rasanten Vorstoss überrascht worden, so dass die Panzersperren am Eingang der Stadt zwar geschlossen, jedoch nicht besetzt gewesen waren. Die Fliegerhorstbesatzung und das am Ort befindliche Militär zogen sich nach kleineren Scharmützeln aus der Stadt zurück, der Volkssturm ging nach Hause. Einzelne weisse Fahnen wurden an Häusern vorgefunden, die Amerikaner nahmen die Stadt also fast widerstandslos ein.
Gegenoffensive
Wäre es bei dieser ersten Besetzung geblieben, so hätte Crailsheim das Kriegsende glücklich überstanden. Jedoch war Crailsheim nicht das eigentliche Ziel des Durchbruchs gewesen, sondern die Umfassungsaktion sollte weiter Richtung Schwäbisch Hall und Backnang fortgeführt werden. Die wenigen noch verfügbaren deutschen Reservestreitkräfte wurden aufgrund der drohenden Einkesselung der Verteidigungslinie Tauber-Neckar am Scheitelpunkt der amerikanischen Offensive konzentriert. Zufällig war dies Crailsheim. Am 8. April griffen SS-Einheiten aus Ellwangen, zwei Regimenter Gebirgsjäger und eine Nebelwerfer-Brigade die Stadt an, um sie zurückzuerobern. Dabei wurde sie unter Werfer-Feuer genommen. Die Innenstadt wurde schwer getroffen, Brände vernichteten viele Häuser. Am 9. und 10. April griff deutsche Infanterie aus Süden, Osten und Nordosten die in Crailsheim liegende amerikanische Panzereinheit an. Obwohl der US-amerikanische Durchbruchsversuch in Richtung Backnang scheiterte, konnten sich die US-Truppen in Crailsheim zunächst behaupten.
Den deutschen Einheiten gelang es, den Nachschub der Amerikaner entscheidend zu stören, und fortwährende Angriffe auf die Nachschublinie an der Kaiserstrasse durch mobile Panzerjagdtruppen machten sogar Luftversorgung nötig. Somit waren die US-Truppen in Crailsheim nun selbst in der Stadt eingekesselt. Crailsheim, in dem noch einmal sehr hart gekämpft worden war, erhielt von den amerikanischen Soldaten später den Spitznamen Little Bastogne, eine Anlehnung an die verbissenen Kämpfe in der belgischen Stadt Bastogne während der Ardennenoffensive 1944. Es griffen auch wiederholt düsengetriebene Jagdbomber des Typs Messerschmitt Me 262 den nun von den Amerikanern genutzten Fliegerhorst mit Bordwaffen und Raketen an.
Schliesslich entschlossen sich die amerikanischen Truppen am 11. April zum Rückzug Richtung Bad Mergentheim. Dabei verübten sie zahlreiche Brandstiftungen. Die Feuerwehrgeräte der Stadt waren bis auf eine kleinere Motorspritze vernichtet worden. Trotzdem gelang es, einige der brennenden Häuser zu retten. Dieser Rückzug der Amerikaner gilt als der einzige grössere Misserfolg der Invasionsarmee während ihrer Schlussoffensive gegen Deutschland östlich des Rheins. Dieser „Sieg“ der Wehrmacht und der SS wurde in der an für die NS-Machthaber positiven Nachrichten armen Zeit propagandistisch ausgeschlachtet. Der Wehrmachtbericht erwähnte die Schlacht von Crailsheim, auch Joseph Goebbels schrieb in seinem Tagebuch über den Erfolg – er erwähnte sogar die Rückeroberung einzelner Dörfer.
Einnahme
Schon ab dem 13. April rückte die amerikanische Front allerdings wieder auf breiter Linie auf Crailsheim zu. Wie fast überall in Dörfern und Städtchen bereitete sich nun auch Crailsheim auf eine Verteidigung vor. Motiviert von der Wiedereroberung wurden in der Stadt 13 Panzersperren errichtet, Panzergräben ausgehoben und an den Volkssturm Panzerfäuste ausgegeben. SS-Gruppenführer Simon liess Crailsheim inoffiziell zur Festung erklären und ordnete höchstpersönlich die Verteidigung an. Wer wagte, ihm zu widersprechen, hatte mit dem Tod zu rechnen, wie durch ein Vorkommnis deutlich wurde, das sich im nahe gelegenen Dorf Brettheim abspielte. Dort liess Simon den Bürgermeister Gackstatter, den NSDAP-Ortsgruppenleiter und einen Bauern (die sogenannten Männer von Brettheim) wegen vermeintlichen Verrats hinrichten. Die drei hatten Hitlerjungen, die den amerikanischen Panzern Widerstand leisten wollten, entwaffnet und ihre Panzerfäuste in den Dorfteich geworfen. Als die Amerikaner wieder abzogen, kamen die SS-Truppen aus Schillingsfürst und erhängten auf Befehl Simons die drei Personen an den Friedhofslinden.
So abgeschreckt leistete niemand Widerstand gegen die geplante Verteidigung Crailsheims. Die Amerikaner wussten durch Luftaufklärung von den Vorbereitungen der Verteidigung. Ab dem 16. April wurde die Stadt wiederholt von zahlreichen Jagdbombern angegriffen, die schwere Schäden im Stadtgebiet verursachten. Bereits im Oktober 1944 hatte NS-Kreisleiter Hänle bei der Aushebung des Crailsheimer Volkssturms verkündet, dass „hier […] gekämpft [wird], und wenn in Crailsheim der Krieg gewonnen werden muss“ und der Einsatzleiter der Feuerwehr liess während der Schlacht verlauten: „Crailsheim [ist] dem Untergang geweiht [, man soll es] brennen lassen“.
Am 20. April lagen erneut US-Truppen vor Crailsheim, nach Bombardements und Artilleriebeschuss versuchten sie die Besatzung von Crailsheim zur Übergabe zu bewegen. Jedoch waren in Crailsheim nur noch etwa 600 Bewohner anwesend, die grosse Masse der etwa 10.000 Einwohner war in die umliegenden Dörfer geflohen, der Bürgermeister Fröhlich verbarg sich im Schloss von Rechenberg. Derjenige Teil der Bevölkerung, der noch in der Stadt weilte, sass eingeschüchtert in Kellern und hatte Angst vor der SS, die weiterhin in der Stadt war.
Nachdem die Amerikaner in Crailsheim keinen Kontakt für Übergabehandlungen herstellen konnten, setzten sie den Artilleriebeschuss mit Phosphorgranaten fort. Die Verteidiger in der Stadt zogen sich mit Beginn des Beschusses langsam zurück und setzen sich Richtung Ellwangen ab. Der Beschuss der Stadt ging bis in die frühen Morgenstunden des 21. Aprils weiter, gegen Mittag marschierten die US-Soldaten in die Trümmerwüste ein Noch am Morgen des 21. Aprils verbrannten einige bedeutsame Gebäude der Innenstadt, das Schloss und grosse Teile der Stadtbefestigung. Niemand in der Stadt unternahm Löschversuche.
Hunderte Menschen, Soldaten wie Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder, wurden in den letzten Kriegswochen getötet. Von 1799 Gebäuden in der Stadt wurden 444 total zerstört, 192 schwer, 77 mittelschwer und 439 leicht beschädigt. Innerhalb der alten Stadtmauer betrug der Zerstörungsgrad 95 %. Nur die Johanneskirche in der südlichen Altstadt überlebte den Feuersturm mit einigen umliegenden Gebäuden relativ unbeschadet.
Schlacht um Königsberg (06.04.1945 – 09.04.1945)
Die Schlacht um Königsberg war eine militärische Operation während der Schlacht um Ostpreussen. Vom 6. April bis 9. April 1945 führten die Truppen der 3. Weissrussischen Front mit Unterstützung der Baltischen Flotte die Angriffsoperation durch, welche mit der Eroberung der Hauptstadt Ostpreussens abgeschlossen wurde.
Vorgeschichte
Die Stadt Königsberg (heute Kaliningrad) blieb vom Zweiten Weltkrieg lange verschont, bis sie durch die Luftangriffe auf Königsberg in den Nächten vom 26. zum 27. August 1944 sowie vom 29. zum 30. August 1944 von britischen Bomberverbänden stark zerstört wurde. Über 130.000 Einwohner wurden dabei obdachlos. Ende Januar 1945 war Königsberg von sowjetischen Truppen grossteils umschlossen worden, die Landverbindung über das Samland zum Hafen Pillau war noch offen, ebenso ein Korridor zu der im Raum Natangen und Ermland zusammengedrängten 4. Armee. Vor Beginn der Schlacht um Königsberg im April 1945 befanden sich noch 130.000 Zivilisten in der Stadt; von der endgültigen Vertreibung der deutschen Bevölkerung im Jahre 1948 sollen noch 15.000 Menschen betroffen gewesen sein.
Beidseitiger Aufmarsch
Die Angaben zur deutschen Truppenstärke weichen je nach deutscher oder russischer Darstellung erheblich voneinander ab. Nach deutscher Einschätzung verfügte der Festungskommandant General Otto Lasch (Generalkommando LXVI. A.K.) zur Verteidigung der Stadt über vier Divisionen, sieben Volkssturm-Bataillone und einige Alarmeinheiten. Die Gesamtbesatzung zählte Anfang April 47.800 Mann mit einer Kampfstärke von 28.617 Mann, zu denen 5.000 Volkssturmangehörige stiessen. Hinzu kamen 224 Geschütze, 160 schwere Pak und 16 Sturmgeschütze. Die an den Kämpfen beteiligte sowjetische 11. Gardearmee gibt in ihrem Kriegstagebuch eine Stärke von ca. 100.000 Mann unterschiedlichster Truppenteile an. Die nördliche Festungsfront verteidigte die 367. Infanterie-Division sowie die 561. und 548. Volksgrenadier-Division. Am südlichen Abschnitt hielten die Polizeigruppe Schubert, die 69. und 61. Infanterie-Division. Alle Truppen waren von den vorangegangenen Kämpfen bereits abgekämpft und wurden durch Einheiten des Volkssturms verstärkt. Nach der völligen Zerschlagung der deutschen Truppen im südlich anschliessenden Kessel von Heiligenbeil, welche Ende März abgeschlossen war, zog Marschall Alexander Wassilewski seine Kerntruppen zur Eroberung von Königsberg zusammen. Für die Eroberung der Stadt, die sich bereits drei Monate gehalten hatte, wurde ein Drittel der gesamten sowjetischen Luftwaffe zusammengezogen. Am Hauptangriff nahmen 3 Armeen mit einer Stärke von 106.000 Mann teil, wobei die Truppenteile am östlichen Abschnitt (69. Schützenkorps) in der Defensive verblieben.
Nördlicher Abschnitt
Den Hauptangriff gegen die nordwestliche Festungsfront der Stadt führte die 43. Armee unter Generalleutnant Afanassi Beloborodow.
Den rechten Flügel bildete das 90. Schützenkorps (Generalleutnant Sedulin) mit der 26. und 70. Schützendivision.
In der Mitte wurde das 13. Garde-Schützenkorps (General Lopatin) mit der 33. und 87. Garde-Schützendivision sowie das 54. Schützenkorps (Generalleutnant Alexander Ksenofontow) mit der 126., 235. und 263. Schützendivision angesetzt.
Am linken Flügel des nördlichen Abschnittes deckten 6 Schützendivisionen (81. und 124. Schützenkorps) der 50. Armee unter Generalleutnant Oserow den Generalangriff ab.
Südlicher Abschnitt
Gegen die südliche Angriffsfront wurde die 11. Gardearmee unter Generaloberst Kusma Galitzki angesetzt.
Am linken Flügel der Südfront sollte das 36. Garde-Schützenkorps unter Generalmajor Koschewoi den Stoss mit der 16., 18. und 84. Garde-Schützendivision nordwärts zum Pregel führen.
In der Mitte hatte das 16. Garde-Schützenkorps unter Generalleutnant Stepan Saveljewitsch mit der 1., 11. und 31. Garde-Schützendivision den Hauptstoss durch den südlichen Stadtteil Panarth gleichfalls zum Pregel anzusetzen.
Schliesslich hatte rechts das 8. Garde Schützenkorps unter Generalleutnant Michail Sawadowski mit der 5., 26. und 83. Garde-Schützendivision den Durchbruch ins Stadtzentrum zu erreichen.
6. bis 9. April 1945
Das Frühlingswetter mit wolkenlosem Himmel hielt an und gestattete den Sowjets ihren Generalangriff am 6. April einzuleiten. Am Abend des ersten Angrifftages gelang es der in Samland eingesetzten sowjetischen 39. Armee (Generalleutnant Ljudnikow) die Eisenbahnlinie Königsberg-Pillau (siehe Samlandbahn) zu unterbrechen, wie schon zwei Monate zuvor. Die sowjetische 43. Armee drang zuerst in die Stadt ein. Nach zwei Tagen schwerer Kämpfe wurde die Garnison der Stadt vom Samland abgeschnitten. General Lasch beantragte, die 5. Panzer-Division von Westen her einzusetzen. Nach zuerst erfolgter Zusage wurde diese am nächsten Tag wieder zurückgenommen. Auf der Lagekarte war zu erkennen, dass Königsberg von der Strasse nach Pillau abgeriegelt werden sollte.
Lasch beantragte bei General Friedrich-Wilhelm Müller die Genehmigung zum Ausbruch der Stadtbesatzung nach Westen, wobei die Zivilbevölkerung mitgenommen werden sollte. Aber das Armeeoberkommando in Pillau lehnte in schärfster Form ab, obwohl es der Stadt weder Entsatz senden noch einen Entlastungsangriff unternehmen konnte.
Die eingeschlossenen deutschen Verbände lehnten am 8. April erneut die von der Sowjetunion angebotene Kapitulation der Stadt ab. Stosstrupps stellten Verbindung zur 561. Volksgrenadier-Division her. Diese griff von Westen mit Teilen der 5. Panzer-Division an. Zwischen den Relaisketten der Stosstrupps musste die Zivilbevölkerung durchgeschleust werden.
General Lasch wurde von Parteifunktionären informiert, dass der Bevölkerung befohlen werden sollte, sich zum Ausbruch eine halbe Stunde nach Mitternacht auf der Ausfallstrasse nach Westen zu sammeln. Der Entsatzangriff sollte um 23 Uhr beginnen, um 4 Uhr sollte die 5. Panzer-Division gegen den Einschliessungsring von aussen vorstossen. Der Angriff gelang zunächst, blieb dann jedoch stecken. Die Zivilbevölkerung marschierte auf der Ausfallstrasse nach Westen, sowjetisches Artilleriefeuer sperrte die Strasse, der Führer des Ausbruches, Generalmajor Erich Sudau, fiel, ebenso der Gauleiter-Stellvertreter Ferdinand Grossherr. Zivilbevölkerung und Soldaten flüchteten führungslos in die Stadt zurück.
Am Morgen des 9. April versuchten die deutschen Truppen, sich nach Westen durchzuschlagen. Die 43. Armee verhinderte den Ausbruch. Der Angriff der deutschen 5. Panzer-Division vom Samland aus blieb erfolglos. Nach langem Beschuss griff die sowjetische 11. Gardearmee, unterstützt von 1.500 Flugzeugen, das Stadtzentrum an und zwang schliesslich die Garnison zur Kapitulation. Hitler liess daraufhin Lasch in Abwesenheit zum Tode verurteilen. Die Zahl der gefallenen deutschen Soldaten lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Von deutscher Seite liegen hierzu keine offiziellen Angaben vor. Die neuere russische Forschung hat Zahlenangaben aus dem Kriegstagebuch der 11. Gardearmee ausgewertet. Demnach wurden 13.430 deutsche Soldaten getötet und 57.640 gefangen genommen, darunter 3 Generäle. Verlässliche Zahlen zu Opfern unter der Zivilbevölkerung liegen von keiner Seite vor. Die Sowjet-Armee hatte 18.000 Tote, Verwundete und Vermisste zu beklagen.
Schlacht bei Struth (07.04.1945 – 09.04.1945)
Während der Schlacht bei Struth am 7. April 1945 kam es zu den schwersten Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg auf thüringischem Boden.
Am Morgen des 5. April war die Einnahme Mühlhausens abgeschlossen und die Amerikaner wandten sich nach Südosten, um Bad Langensalza einzunehmen, das mit seiner Luftwaffenbasis einige militärische Bedeutung besaß. Zu dieser Zeit war im Raum Mühlhausen schon ein deutscher Gegenangriff in der Vorbereitungsphase. Ursprünglich sollte mit diesem Gegenstoß die durchtrennte Verbindung zur 7. Armee unter General Smilo Freiherr von Lüttwitz wiederhergestellt werden. Befehlshaber des Gegenstoßes war Oberst i. G. Worgitzki. Worgitzki hatte in den ersten Apriltagen eine Verteidigungslinie westlich von Kassel aufgebaut, verlegte seinen Gefechtsstab aber bald nach Heiligenstadt und am 6. April nach Küllstedt. Zur Verfügung standen ihm das Regiment von Hirschfeld mit der Stärke von zwei Bataillonen, die Pionierbrigade 688 mit ebenfalls zwei Bat., das 15. Fallschirmjäger Regiment in Bataillonsstärke, sowie ein Infanterie- Bataillon der 26. Volksgrenadier-Division und eine Pionier-Kompanie der gleichen Division.
Weiterhin die Panzerabteilung 44, die verstärkt ca. 30 Sturmgeschütze/ Jagdpanzer, einen Panzer V und gepanzerte Einheiten umfasste. Daneben noch 1 Batterie 10,5 cm Feldhaubitzen, 1 Zug schwere Flak und 2 Züge leichte Flak.
Die nominale Kampfstärke der gepanzerten Kräfte konnte jedoch nicht eingesetzt werden, da z.B. beim Anmarsch der Panzerabteilung 44 die erste Abteilung der Jagdpanzer durch Gefechte und Spritmangel von 11 auf drei reduziert wurde, während der zweite Zug den Amerikanern unversehrt am Mühlhäuser Bahnhof in die Hände fiel. Der dritte erreichte vollständig Küllstedt.
So waren für den bevorstehen Angriff nur 13 Jagdpanzer 38t „Hetzer“, 2-4 Stug 3, ein Kampfpanzer Panther, sowie ca. 2.200 Mann und diverse gepanzerte und ungepanzerte Fahrzeuge vorhanden. Der Aufmarsch hatte schon ab dem 4. April begonnen als Einheiten der Panzerabteilung 44 Küllstedt erreichten und am Dorfrand nach Süden und Westen Stellung bezogen. In den zwei darauf folgenden Tagen ballte sich so in Küllstedt eine, für das Eichsfeld, gewaltige Truppenansammlung zusammen.
Die Deckung der Wälder ausnutzend näherten sich die Spähtrupps u.a. Struth. Die Entdeckung des amerikanischen Fahrzeugparks, der aus LKW und Halbkettenfahrzeugen bestand, deutete auf eine starke Besatzung im Ort hin. In Erfahrung gebracht wurde auch, dass die amerikanischen Panzerspitzen zwischen Langensalza und Eberleben standen und noch nicht weiter vorgestoßen waren. Die Weisung des Stabes der 11. Armee hatte Angriffe und Truppenbewegung nur in der Nacht und der Abend- oder Morgendämmerung durchzuführen um nicht Opfer der amerikanischen Lufthoheit zu werden. So begann der Angriff auf Struth in den ersten Morgenstunden des 7. April. Bis Mitternacht hatten sich alle Truppen der ersten Angriffswelle in ihre Bereitstellungsräume begeben. Die Planung sah ein nächtliches Einsickern der Truppen in das Dorf vor. Am Morgen sollten dann die Amerikaner endgültig überwunden werden. Von den 48 vorgesehenen Panzerfahrzeugen waren aber nur 18-20 einsatzfähig. Diese sollten nun in 3 Wellen mit Infanterieunterstützung in das Dorf einfallen.

Gegen 2.30 Uhr begannen dann erste Spähtruppaktivitäten am Nordrand des Dorfes und um 3.00 Uhr an der Straße von Effelder. Das 3. Bataillon des 261. Infanterieregiments war sofort in voller Alarmbereitschaft und es kam zu Kämpfen. Trotzdem waren bis 4.00 Uhr schon eine Reihe der Häuser der Langen Straße, vom Kalten Berg her in deutscher Hand. Sowohl die Angegriffenen als auch die Zivilisten waren vollständig verwirrt. Hatten die meisten noch geglaubt der Krieg sei nun mit der Ankunft der Amerikaner für sie vorbei, sahen sie sich jetzt in der misslichen Lage, dass in ihren Häusern und Kellern Soldaten kämpften. Der Widerstand der Amerikaner verhärtete sich, es wurden nur wenige Gefangene gemacht. 16 Amerikaner wurden unter Bewachung in den frühen Morgenstunden nach Küllstedt überführt. Bei den Kampfhandlungen gingen etliche Häuser und Scheunen in Flammen auf.
Als es heller wurde gelang es den Amerikanern den deutschen Vormarsch teilweise aufzuhalten, doch in diese Phase traf der Hauptangriff des 688. Pionierbataillons aus der Richtung des Wilhelmswaldes. Durch deckungsarmes Gelände stürmend, gelangten die Deutschen nur unter grossen Verlusten und der Unterstützung zweier Hetzer an den Dorfrand. Der Soldat Radfort beschreibt den Angriff der Deutschen aus amerikanischer Sicht:
„…Bei Morgendämmerung kam ein Melder heran und fragte mich: Wie ist die Lage?? Ich sagte ihm, dass wir den Befehl hätten nicht vor dem Gebäude nach Nordost zu feuern, da dort oben unsere Truppen seien. Wir konnten am Horizont eine Menge Bewegung sehen, und sehr bald feuerte ein deutsches Maschinengewehr auf uns, das auf der Linie von unserer Einheit zum Fahrzeugpark im Tal lag. Der Melder zog rennend ab. Ich dachte es sei besser sich fest an den Boden zu drücken und zu kriechen. Ich kam gut voran aber der 4. oder 5.Feuerstoß traf mich mit zwei Kugeln, eine davon ein Leuchtspurgeschoss, dass in meinen Rücken und Lunge eindrang . Ich bemühte mich am Leben zu bleiben, hustete und spuckte Blut und Schiesspulver. Ich hörte den Sergeant sagen (seine Stimme klang wie aus einem Fass): „Wir werden gleich Sanitäter hier haben.“…Ich begann herumzusehen, was ich in meiner misslichen Lage erwarten könnte. Lastwagen des Fahrzeugparks fuhren ins Dorf, wohl, um aus dem Beschuss im Tal zu kommen. Ich sah nach dem Maschinengewehrfeuer, dass ein stetiger Strom von Leuchtspur war. Einige Geschosse trafen den Boden ganz in meiner Nähe und spritzten Schlamm und Schmutz. Ich legte mich so, ein so kleines Ziel wie möglich zu geben, parallel zu den Leuchtspuren. Ich konnte meine Einheit abziehen hören. Dies zu überleben, ist sehr unwahrscheinlich. Von niemandem konnte ich erwarten, sich diesem Feuer auszusetzen. Es würde für jeden Selbstmord sein.
…Ich sah nicht gern was ich sah. Mehrere hundert deutsche Soldaten und Panzer machten sich am Rande des Feldes fertig, den Hügel herunter anzugreifen. Ich sah nach rechts, also nach Osten und Süden. Ich lag etwa 30m nördlich der Ecke einer eingezäunten Viehweide mit Weideschuppen. Ich war sicher, dass die meisten Männer und Tanks bald um die Ecke kommen würden, um nach West und Süd um das Dorf vorzugehen.
Seit Jahren habe ich überlegt, wann ich mein Taschentuch aus der Tasche nahm. Es muss zu dieser Zeit gewesen sein. Im Bewusstsein, dass ich bald in deutscher Hand sein würde, kam in mir die Frage auf, was würden sie tun. Sollte ich mich tot stellen? Viele Dinge gehen einem durch den Kopf in solch einer kurzen Zeit. Ich sah nicht mehr hin und lag sehr ruhig und still. Bald konnte ich Fusstritte und Tanks den Hügel herunter kommen hören. Mehrere Wellen von Tanks und Soldaten kamen vorbei , als ich sehr ruhig wartend da lag. Es muss wohl die dritte Welle gewesen sein, als ein Sanitäter an meinen Helm trat und mich bewegte. Er stand gerade über mir und wollte wissen ob ich Russe oder Amerikaner war. Ich war froh ihm sagen zu können, ich sei Amerikaner. Er wollte mir dann erste Hilfe geben. Zu dieser Zeit feuerten unsere Leute ziemlich heftig auf die Deutschen, und ich hielt es für vorerst besser abzulehnen. Ich machte ihm verständlich, dass ich keine Hilfe wollte. Er schüttelte nur ungläubig den Kopf
…Nun bemerkte ich, dass die Deutschen dabei waren, sich auf den Hügel zurückzuziehen: Ich wurde sehr unruhig. Da würden wahrscheinlich mehr Fahrzeuge und Männer noch zurückkommen, sie auf dem Rückzug und ich genau in ihrem Wege. Ich wollte 30-40 Yard weiter und mich an den Weideschuppen schmiegen, die Planken (Bretter) würden mir ein wenig Schutz bieten. An meiner Kampfjacke hatte ich noch zwei scharfe Handgranaten. Ich fragte mich, ob die 105er sie zünden könnten? All dies kam mir in den Sinn. Zwei lebende deutsche Soldaten kauerten an der Ecke. Ich sage lebende, denn da waren noch mehr. Ich war verzweifelt und begann das lange Kriechen und Kämpfen zum Zaun.. Unterwegs versicherte ich mich, dass die Soldaten wussten, was ich tat und wohin ich wollte. Während sie zusahen, nahm ich die Handgranaten ab, legte sie zur Seite und setzte meinen Weg fort. Ich kam etwa 5 Meter an ihnen vorbei. Als ich endlich am Zaun ankam, war ich sehr erschöpft. Die Artillerie Salven kamen wieder in unmittelbare Nähe. Ich erinnerte mich immer wieder durch Übung, halte deinen Mund offen und atme, wenn eine Explosion kommt. Es war eine dieser Salven, dass Splitter mich am Kopf trafen. Ein Granatstück, etwa 6mm dick und von der Größe eines halben Dollars schlug durch die Planken und fiel herunter. Ich hob es auf, aber es war zu heiss. Kurz nach diesem Vorfall kam ein US Tank mit Haubitze aus dem Dorf ca. 400 Yard im Südosten und feuerte südwestwärts. Es war grossartig, dass sich die Dinge in Rauch auflösten. Was getroffen wurde konnte ich nicht sagen. Die Jagdbomber bombardierten und schlugen den Feind, mit Infanterie und Tanks, sowie von unseren Tankzerstörern wurden 11 abgeschossene feindliche Panzer gezählt, von 16 geschätzten erfuhr ich später.“
Am Sägewerk an der Strasse nach Bickenriede kam es zu schweren Gefechten zwischen den Verteidigern, die sich im Wohnhaus verschanzt hatten und den Angreifern, die Bretterstapel und Holzlager als Deckung nutzten. Ein weiteres Vordringen ins Dorfinnere gelang den Deutschen aber nicht. Der Widerstand der Amerikaner wurde nun immer stärker. Als Absicherung verblieb einer der beiden Hetzer am Dorfrand zurück, der andere griff mit Infanterieunterstützung entlang der Hauptstrasse an. Durch Feindfeuer zurückgeworfen drang nur der Hetzer bis zu Haus Nr. 26 vor, dem Gefechtsstand des Bataillons. Der Kommandant des Sturmgeschützes Richard Krieg fiel, aber es gelang zwei weiteren Besatzungsmitgliedern die für das Gebäude bestimmte Sprengladung abzuwerfen. Der Schaden war gering, da diese an der Hauswand abprallten. Ein angreifender amerikanischer Panzerstörer vernichtete den Hetzer mit einem Volltreffer.
Nun war etwa 1/3 Struth’s in deutscher Hand, doch für ein weiteres Vordringen fehlten den Deutschen die erforderlichen Mittel. Die „Unterm Rain“ auf den „Kalten Berg“ vorrückenden deutschen Panzerstreitkräfte nahmen aus ihrer erhöhten Position den Fahrzeugpark der Amerikaner unter Feuer. Der wurde fast vollständig zusammengeschossen. Dennoch harrten die amerikanischen Verteidiger zwischen den Wracks aus, bis am Nachmittag die Kämpfe endeten. Die Lage für die Amerikaner besserte sich, als die Artillerie des 260. Infanterie Regiments, die bei Eigenrieden stationiert war, auf das Gebiet im Westen und Nordwesten zu feuern begann. Außerdem feuerten bei Tagesanbruch die Granatwerfer im Dorfinneren wirkungsvoll auf die Angreifer.
Da die schnelle Eroberung des Dorfes ins Stocken gekommen war, begann verfrüht der Angriff gepanzerter Kräfte vom Kalten Berg, um ihn wieder in Gang zu bringen. Daran beteiligt war der einzelne Kampfpanzer Panther, sowie mehrere Sturmgeschütze. Daneben gingen Infanteriewellen vor. Wegen des offenen Geländes und des massierten Feuers der Amerikaner brach der jedoch zusammen. Der Grossteil der Infanterie wurde zusammengeschossen und die Soldaten verbluteten auf freiem Feld. Als Resultat des deutschen Angriffs blieben mindestens 3 zerstörte amerikanische Panzer zurück. Die gepanzerten Truppen der Wehrmacht mussten sich aber auf den Ausgangspunkt zurückziehen.
Wirksame Hilfe erhielten die Verteidiger des Dorfes aus der Luft. Nach dringender Anfrage erschienen gegen 9.00 Uhr 11 Flugzeuge des Typs P 47 und nahmen die gepanzerten Kräfte der deutschen aufs Korn. Die Sturmgeschütze nordwestlich von Struth werden ausgeschaltet. Ein weiteres erfolgreich bekämpftes Ziel ist der Kommandeurwagen Worgitzkis, der Funkleitwagen der Panzerkräfte und weitere Wehrmachtsfahrzeuge, die am „Büttstedter Rain“ Stellung bezogen haben. Ebenfalls zerstört wird ein Wehrmachts LKW, beladen mit Flakmunition für die vier Flakgeschütze vor Struth, die auch noch zerstört werden. Opfer des Tieffliegerangriffs wird auch die Zivilbevölkerung in Wachstedt. Ein mit Motorschaden liegengebliebener Panzer und eine der am Angriff beteiligten 10,5 cm Haubitzen, die am östlichen Dorfrand in Stellung lagen wurden zerstört.
Die auf dem freien Feld zwischen Büttstedt und Effelder befindliche Infanterie erlitt durch die Tieffliegerangriffe schwere Verluste. Da die Lage unhaltbar war zogen die vier Feldhaubitzen in Richtung Martinfeld ab, wobei eine verloren ging. Auch Nachschub der sich mit Pferdegespannen über die Straße zwischen Luttermühle und Effelder bewegte wurde beschossen. Jugendliche aus Effelder brachten noch verwendbare Panzerfäuste und Munition mit Handwagen zum Einsatzort. In der zweiten Angriffswelle etwa 3 Stunden später wurde der deutsche Rückzug über die Straße Küllstedt – Wachstedt Flinsberg gestellt. Pferdegespanne und Wehrmachtsfahrzeuge werden zusammengeschossen. Auf der Strasse zwischen Wachstedt und Flinsberg bleibt ein Munitionswagen teilweise zerstört zurück. Die noch unversehrten Panzer und Sturmgeschütze im Raum Effelder und Struth werden außer Gefecht gesetzt.
Nach Norden hin geraten auch die Dörfer Kefferhausen und Kreuzebra unter das Feuer der Jagdbomber. In Kefferhausen wird ein mit Munition beladener Schützenpanzerwagen der Deutschen zerstört. Truppenkonzentrationen im Raum Kreuzebra lassen Bombenabwürfe und Beschuss folgen. Den dort stationierten Flaks gelingt um 12.50 Uhr der Abschuss der Thunderbolt von Oltn. Robinson. Eine versuchte Notlandung südlich von Dingelstädt misslingt wohl wegen zu hoher Geschwindigkeit, die Maschine überschlägt sich mehrfach. Das weitere Schicksal des Piloten geht aus dem Heeresbericht der Amerikaner nicht weiter hervor. So trug der Einsatz der Jagdbomber entscheidend zum Sieg der Amerikaner bei. Der Verlust der Panzerfahrzeuge demoralisierte die Truppe, machte einen weiteren Verstoss der Deutschen unmöglich. So blieb angesichts der weit überlegenen Amerikaner nur der Rückzug der Kampfgruppe Worgitzki. Was als Infanterie- und Panzerangriff begonnen hatte, scheiterte am Einsatz kombinierter Waffensysteme durch die Amerikaner und ihre Fähigkeit schnell Verstärkung heranzuziehen, die den Deutschen nicht zur Verfügung stand.
Mit Hilfe der aufgeführten Truppen und Mannschaften des 260. Regiments der 65. Division begann man die Deutschen, welche 1/3 des Dorfes besetzt hielten, gegen 11.30 Uhr einzuschliessen. Die Umfassungsbewegung wurde gegen 13.30 Uhr abgeschlossen und die Restverbände der gepanzerten Streitkräfte der Deutschen vernichtet.
Oberst Worgitzki hatte noch am Vormittag mit einem Motorradbeiwagen den Gefechtsstand der Pioniere in Struth besucht, doch danach begann die Initiative an die Amerikaner überzugehen. Die Aussichtslosigkeit der Lage bewegte 3 verbliebene Sturmgeschütze eigenmächtig zum Rückzug. Sie transportierten Verwundete in Richtung Küllstedt, das sie gegen 11.00 Uhr erreichen.
Sie ziehen in Richtung Wachstedt weiter, nehmen dort Treibstoff auf und fahren nach Heuthen. Dort finden sie zwischen Gebäuden Deckung vor dem zweiten Jagdbomberangriff. Ihnen gelingt schließlich der Durchbruch in den Harz.
Mit Einkesselung der Angriffstruppen und Verlust der Panzer und Sturmgeschütze sieht Kommandeur Worgitzki keine Möglichkeit mehr die Schlacht siegreich zu beenden und befiehlt den Rückzug. Der Befehl aber erreicht die Eingeschlossenen schon nicht mehr.
Gegen 14.30 Uhr erlosch auch der letzte Widerstand der Deutschen im Dorf.
Die Angriff der Wehrmachtstruppen forderte einen hohen Blutzoll. Ständig waren Sanitätsfahrzeuge im Einsatz um die Verwundeten von den Verbandsplätzen in Struth, Küllstedt, Wachstedt und der Luttergrundmühle in die Heiligenstädter Lazarette zu transportieren. Bis zum Jahresende erlagen dort noch 135 deutsche Soldaten ihren Verletzungen.
107 von ihnen sind auf Heiligenstädter Friedhöfen bestattet. Auf dem Schlachtfeld zurückgebliebene Deutsche wurden am 8. April von amerikanischen Sanitätern versorgt.
Bei der Rückeroberung Struths begannen die Amerikaner systematisch Wohnhäuser und Scheunen in Brand zu stecken. Anlass dafür war die Vermutung der Amerikaner die Bewohner des Dorfes hätten sich der Partisanentätigkeit schuldig gemacht.
Diese war erwartet worden, da Himmler und Goebbels am 1. April den „Wehrwolf“, zur zerstörerischen Partisanentätigkeit hinter den deutschen Linien aufgerufen hatten. Dieser Aufruf endete mit den Worten: …Hass ist unser Gebet und Rache unser Feldgeschrei.
Aber solch ein Aufruf fand in der kriegsmüden Bevölkerung keine Resonanz mehr. Als die Schlacht von Struth tobte kam es zu zwei Ereignissen, die in der amerikanischen Führung den Verdacht weckten es mit Partisanentätigkeit zu tun zu haben. Der deutsche Angriff kam wie schon festgestellt überraschend und verursachte hohe Verluste. Es kam zum Läuten der Kirchenglocken, was die von den Amerikanern als Verständigung zwischen den in die Kirche geflüchteten Zivilisten und den vorstürmenden Deutschen. Fakt aber ist, das ein deutscher Beschuss des Kirchturmes stattfand. Da die amerikanische Artillerie sehr präzise in den Bereitstellungsraum der Deutschen schoss, vermuteten die einen Beobachter auf dem Kirchturm. Die daraufhin eingeschlagenen Panzergranaten könnten ein Läuten der Glocken bewirkt haben. Ein zweiter Beweis soll die Hetzerattake auf den Kommandostand des 3. Bataillons sein. Kurz vor dem Haus Nr. 22 stoppte der Hetzer, worauf der Befehlshaber die Weiterfahrt zur Nr. 26 befohlen haben soll. Der Bericht Robert Cardinalls 2nd Leutnant, 3. Bataillon des 261. Regiments bemerkt dazu: „Noch waren die Zivilisten nicht fertig mit ihrer schmutzigen Arbeit. Einer der Männer von der Nachrichtenabteilung sah aus einem Haus und bemerkte eine deutsche Selbstfahrlafette, die die Straße herunterkam. Alle paar Häuser hielt der Panzer und der Kommandeur sah heraus. Er schrie etwas und sie polterten ein paar Häuser weiter. Als sie gegenüber dem Unteroffizier Goldstein hielten, sah der Kommandeur heraus und rief: „Nein das ist Nummer 22, wir wollen Nummer 26.“ Das waren seine letzten Worte, denn Goldstein trat hervor, spannte seine M-3 Maschinenpistole und schoss den Kommandeur ab. Jedenfalls ratterte der Panzer weiter zu Nummer 26. Warum? Weil es das Hauptquartier des Bataillons war, und dieser Panzer wollte es nehmen. Ich war der erste am Fenster als ich Goldsteins Schüsse hörte. In dem Moment, wo ich am Fenster war, stoppte der deutsche Panzer. Zwei Männer von drinnen warfen zwei Kofferladungen mit Dynamit, jede etwa 12 Pfund schwer und donnerten davon. „Schlagt sie“, schrie ich mit aller Kraft und sprang zur Rückwand des Zimmers. Das machte ich nicht aus eigener Kraft, sondern ich prallte mit einem dröhnenden Schlag gegen die Wand durch die Wucht der Explosion. Ich wurde von der Mitte des Raumes an die Wand geschleudert und mag wohl geguckt haben, wie Tommy die Katze in einem Zeichentrickfilm, wenn sie gegen die Tür läuft. Für einen Moment lag ich dort und konnte keine Luft kriegen. Es gelang mir dann, wieder auf die Füße zu kommen und ich schwankte zu den Überresten des Fensters. Ich sah in dem Moment heraus, als ein Schütze der K-Kompanie zu einem unserer Panzerzerstörer rannte, der gerade in Richtung Ortsausgang zeigte. Gerade 50 Yard hinter ihm war der deutsche Panzer.
Er schlug mit seinem Gewehrkolben an das Panzerfahrzeug bis der Unteroffizier seinen Kopf heraus steckte. Nach einem schnellen Austausch mit Worten und Gesten, folgte das Wenden des Turmes mit seinem 90 mm Geschütz. Es schien erst anzuhalten als er auch schon schoss, es gab einen grellen Feuerblitz und Staub. Ein zweiter Schuss folgte und der deutsche Panzer begann zu brennen.
…Jedenfalls gebührt Goldstein die meiste Achtung, weil er rechtzeitig vortrat und den Panzerkommandeur erschoss, den Mann, der geplant hatte, diese Kofferladung durch das Fenster in unser CP zu werfen. Ein Wurf der unser aller Tod gewesen wäre. Sein Tod hat uns alle gerettet, weil die anderen im Panzer zu tief saßen, um die Ladung in die Fenster zu werfen und konnten sie nur außen explodieren lassen, für uns ungefährlich. So endeten die Aktivitäten der Zivilisten von Struth. Es hat aber auch gereicht, denn viele waren im Ergebnis gefallen oder verwundet worden, durch diese Aktionen, die unnötig waren. Der Bürgermeister verständigte die deutschen Truppen und sagte ihnen wo wir waren. Er war verantwortlich für die Kirchenglockensignale, die unsere Schwachstellen aufzeigte. Er verriet den Ort unseres CP und hätte ihn beinahe vernichtet, was zur Folge gehabt hätte, dass das Bataillon ohne Führung gewesen wäre und viele Verletzte unserer Hilfsstation getötet hätte.
… Die Aktionen der Zivilisten trugen bedeutend zum teilweisen Erfolg und zur Überrumpelung durch die deutschen Streitkräfte bei, das ist die einzige Möglichkeit, denn die Aktion hätte niemals stattgefunden, wenn nicht der Bürgermeister aus dem Ort geflohen wäre und die deutschen Kräfte in der Nähe von Mühlhausen alarmiert hätte.
…Die amerikanischen Soldaten waren sich nun der Gefahr bewusst, die von der Zivilbevölkerung ausgehen kann und sie standen deren Aktivitäten nicht mehr gleichgültig gegenüber. Ärger wuchs in allen von uns, während der Schlacht und als wir uns am 7. April 1945 aus Struth zurückzogen zeigten wir unseren Zorn gegen die Zivilbevölkerung offen. Es war eines der wenigen Male, dass amerikanische Truppen Repressalien begingen. Wir brannten viele der Struther Häuser an, als wir abzogen. Ich selbst brannte das Haus des Bürgermeisters ab und bis zum heutigen Tag habe ich das kein bisschen bereut. Ich fühle, das ist die verdiente Strafe für die unerwünschte Einmischung.“
Die Amerikaner vermuteten einen Verrat des flüchtigen Bürgermeisters. Konnte er den Deutschen Informationen über die Positionen der Amerikaner weitergegeben habe? Das jedoch ist eindeutig widerlegt. Aus deutschen Berichten geht hervor das vor der deutschen Operation kein Kontakt zwischen den Bewohnern des Dorfes und den Truppen stattgefunden hatte.
Naheliegend deshalb, dass die Wut über hohe Verluste die Amerikaner verleitete, die Misere einer Partisanentätigkeit zuzuschreiben. Dazu aus den „Kamperfahrungen“ des Phillip Kales: „…Um 15.00 Uhr dieses Tages war alles vorbei. Die Schlacht hatte gerade 12 Stunden gedauert. Was anfangs als eine düstere Lage erschien , wandelte sich in einen großen Sieg. Wir schossen alle Panzer und schwere Ausrüstung der Jerries ab, töteten einige hundert der Supermann- Heinis und nahmen ein paar gefangen. Um den Job gut abzuschließen, brannten wir das Dorf nieder bevor wir abzogen. Was für ein schönes Feuer das gab! Dort war es auch wo uns die Nazis mit einem neuen Namen ehrten. Wegen unserer Brutalität dort, den Feind eher zu töten als gefangen zu nehmen und wegen unseres Plünderns und Niederbrennens ihrer Häuser, nannten sie uns „Pattons SS“. Der Name blieb an uns hängen und war ein Schreck sowohl für Soldaten als auch für Zivilisten bis zum Kriegsende. Inzwischen hatten wir auch Ansehen und Anerkennung bei unserem eigenen Stab gefunden und wurden „Patton´s Crack 65.“ (Pattons Krack 65) genannt.“
Der 7. April war für Struth eine Tragödie. Hatten die Familien die Kämpfe in Todesangst in den Kellern ihrer Häuser verbracht. Haus um Haus wurde von den Amerikanern zurückerobert und angezündet. Die Bewohner wurden daran gehindert die Brände zu löschen und zur Flucht in die nahen Waldgebiete. Einigen gelingt die Rettung kleiner Habseligkeiten. Viele verlieren alles. Die Fliehenden geraten noch dazu in den Tieffliegerbeschuss der amerikanischen Jagdbomber. Frau Böhm und ihre zwei jüngsten Kinder werden tödlich getroffen. Die 12jährige Maria Elisabeth wird schwer verwundet. Sanitäter bringen sie in das Hospital Pfafferode. Dort erliegt sie ihren Verletzungen. Sechs weitere Bewohner des Dorfes werden an diesem Tag Opfer der Kämpfe. So werden 65 Familie ihrer Existenz beraubt. Bei Aufräumarbeiten findet man die verkohlten Leichen deutscher Soldaten. 14 von ihnen werden unbekannt auf dem Struther Friedhof bestattet. Doch auch die folgenden Tage hielten sich noch viele Struther versteckt. Im Kloster Zella fanden Obdachlose ein Asyl. Am 10. April kam das Gerücht auf, dass alle Struther erschossen werden sollten. Der Freiherr von Fries vom Kloster Zella und der Struther Pfarrer Lerch unternahmen einen Bittgang zum amerikanischen Kommandanten. Man sah von dem Vorhaben ab. Trotzdem kam es aber zu einem weiteren tragischen Zwischenfall. Da die Amerikaner den flüchtigen Bürgermeister nicht fassen konnten ergriffen sie an seiner statt Albert Ruhland. Er wurde als Unterbürgermeister eingesperrt, da man ihm das Läuten der Glocken anlastete. Robert Cardinell schreibt in seinem Bericht: „…Er verbrachte die Nacht bei Wasser und Brot. Am nächsten Tag kurz vor unserem Abmarsch gingen ein paar Offiziere, ich weiß nicht wer,… zurück zum Stall erschossen den Unterbürgermeister. Im Rückblick ein weiterer schlechter Vorfall.“
Die Verluste der Deutschen in der Schlacht um Struth waren extrem hoch. 255 Gefallene und 630 Gefangene, denen amerikanische Verluste von 50 Toten und 89 Gefangenen gegenüberstanden.
Der Heeresbericht jedoch verschweigt das Scheitern des Angriffes.
Die letzten Tage in Schweinfurt (01.04.1945 – 13.04.1945)
Am 11. April 1945 wurde die Stadt Schweinfurt von amerikanischen Truppen besetzt. Die Stadt Schweinfurt war nach vielen Bombardements zu diesem Zeitpunkt bereits ein grosser Trümmerhaufen. Zu einer ernsthaften Gegenwehr war die Stadt nicht mehr in der Lage.
Die amerikanischen Heeresverbände waren Anfang April 1945 über Aschaffenburg zunächst in den Bereich nördlich von Schweinfurt über die Rhön einmarschiert. Dann hiess es jedoch: „Der Marsch nach Schweinfurt beginnt!“
Zuvor hatte letztmals der Bombenangriff vom 09. Oktober 1944 erhebliche Schäden in Schweinfurt verursacht. Die Schweinfurter Zeitung hatte dazu folgenden Kommentar abgegeben: „Wohl ein Dutzend Mal hat der Feind seit dem 17. August 1943 seine Bomben auf Schweinfurt geworfen. Die Stadt der Arbeit und des Fortschritts, der grünen Gärten und der anmutigen Weinberge ist zu einer Frontstadt des Krieges geworden, immer gegenwärtig, den Vernichtungswillen des Feindes auf sich zu ziehen. Auch der Luftangriff vom 09. Oktober 1944 war ein Glied in der Kette des anglo-amerikanischen Zerstörungswahnsinns. Wieder haben Hunderte von Terrorbombern, unter dem Schutz einer geschlossenen Wolkendecke und aus 6000 bis 7000 Metern Höhe angreifend, planlos ihre Bomben auf die Stadt und ihre Umgebung geworfen. Zahlreiche Wohnstätten der schaffenden Bevölkerung wurden zerstört. Wenn dabei auch die letzte, bisher verschont gebliebene Kirche, nämlich St. Kilian, durch einen Volltreffer schwer beschädigt wurde, so rundet dies das Bild von der Terror-Absicht des Feindes ab. Leider hat der Angriff auch wieder einige Opfer unter der Bevölkerung gefordert. Wenn sich die Zahl der Toten in engen Grenzen hält, so empfinden wir doch den tiefen Schmerz, der alle jene ergriffen hat, die ihr Liebstes unter den Trümmern des Bombenhagels begraben haben“. Soweit das damalige Parteiorgan der NSDAP in Schweinfurt, das jedoch trotz der unkritischen Haltung gegenüber einer eigenen fatalen und grössenwahnsinnigen Politik, die diese Leiden letztendlich verursacht hat, einen Einblick in die damalige Situation gibt.
Der damals 14-jährige Schweinfurter Willi Sauer hat für den Zeitraum vom 1. April bis zum 11. Mai 1945 Tagebuch geführt, das in den 80er Jahren im Schweinfurter Tagblatt veröffentlicht wurde. Es liest sich wie folgt:
Ostersonntag, 01. April
Durch Mundpropaganda werden wir verständigt, dass auf Grund der Kriegslage – der Feind soll uns schon sehr nahe gekommen sein – um 17 Uhr in der stark beschädigten St. Johanniskirche die Konfirmation mit Beichte und Abendmahl stattfindet, wobei Dekan Fabri und Pfarrer Schorr ihre Konfirmanden zusammenlegen. Während Dekan Fabri die Hostien austeilt und Pfarrer Schorn mit dem Kelch folgt, hören wir Fliegergebrumm und Flakfeuer. Nachdem der Feind jetzt die völlige Luftherrschaft besitzt, haben wir ganztägig Voralarm, d.h. wir sind ständig in Gefahr. Unsere Konfirmation haben wir aber trotzdem heil überstanden.
Ostermontag, 02. April
Zu meiner Konfirmation bekomme ich viele Karten, 115 RM, drei Blumenstöcke, zwei Bücher und eine Armbanduhr, die mein 1940 gestorbener Grossvater kurz nach Kriegsausbruch noch besorgt hat. Zum Mittagessen ist Frau R., eine Nachbarin, bei uns. Nachmittags werde ich von Fräulein D. im Garten fotografiert.
Dienstag, 03. April
Mein Vater muss nach Eger zu den Landesschützen einrücken, nachdem ihm der Kreisleiter wegen meiner Konfirmation noch ein paar Tage Aufschub gewährt hat. Um halb sechs Uhr verlässt er uns. Wann werden wir ihn wohl wiedersehen?
Mittwoch, 04. April
Die Amerikaner stehen bei Lohr und Gemünden. Die Mainbrücken werden zur Sprengung hergerichtet.
Donnerstag, 05. April
Gerüchte durcheilen die Stadt. Der Feind soll schon bei Kitzingen und Gerolzhofen stehen. Viele Leute verlassen die Stadt.
Freitag, 06. April
Der Kreisleiter (Weidling) gibt im örtlichen Rundfunk bekannt, dass bei Feindannäherung fünf Minuten Fliegeralarm gegeben wird. Dieser „Panzeralarm“ ist aber niemals erfolgt. Ausserdem solle die Jugend von 14 bis 17 Jahre fortkommen, angeblich auf vor Flieger sicheren Wegen an vor Flieger sichere Orte. Sowas gibt’s doch schon lange nicht mehr! Ich gehe auf keinen Fall fort von hier.
Samstag, 07. April
Ich habe heute meinen 14. Geburtstag. Der Feind steht wenige Kilometer vor der Stadt. Der Flugplatz wird gesprengt. Die feindliche Artillerie beschiesst den Westteil der Stadt, hauptsächlich die Gegend des Hauptbahnhofs und der Gelatine-Fabrik. Wir gehen mit der ganzen Nachbarschaft in den Keller der Gastwirtschaft „Linde“. Auf wie lange wohl?
Sonntag, 08. April
Tiefflieger vernichten die Flak bei Deutschhof. Die Artillerie beschiesst jetzt auch den Stadtbahnhof und den Ostteil der Stadt. Während einer Feuerpause verlassen wir den Keller, um die Frühlingssonne zu geniessen. da gerät eine Nachbarin mit einem Nachbarn, der Parteigenosse ist, in Streit. Der Sohn der Frau ist vermisst und sie hält dem Mann vor: „Unsere Buben fallen und wissen nicht, wofür!“ Da braust der PG auf: „Jetzt lassen wir mal die Tatsachen sprechen. Wer hat den die Arbeitslosigkeit beseitigt? Wer hat…..?“
Montag, 09. April
Die ganze Stadt liegt unter feindlichem Artilleriebeschuss. In der Bauerngasse schlagen Granaten ein.
Dienstag, 10. April
In der letzten Zeitung lautete die Schlagzeile: „Kapitulation? – Nein, wir ersticken vor Hass!“ Im Aufruf der Kreisleitung heisst es: „Jedes Haus eine Festung!“ Ausserdem ruft der Kreisleiter die Bevölkerung auf, jeder solle sich vornehmen, einen Panzer zu knacken und zehn Feinde umzulegen. Nachdem also keinerlei Anstalten getroffen werden, die Stadt zu übergeben, führt der Feind drei schwere Bombenangriffe gegen die Stadt. In unseren Hof fällt eine Bombe, der Anbau ist zerstört, das Haus schwer beschädigt.
Mittwoch, 11. April
Nach kurzen Strassenkämpfen – am Vormittag war MG-Feuer aus Richtung Steinstrasse zu hören – wird Schweinfurt von den Amerikanern eingenommen. Als wir mittags den Keller verlassen, sehen wir die ersten amerikanischen Soldaten, wie sie Häuserzeile am Zeughausplatz Richtung Manggasse entlangpirschen, in jeden Hauseingang ihr Gewehr halten und und dabei ausrufen: „Daitsche Soldatt!“ Aber da waren schon lange keine mehr. Wir wurden aufgefordert, zum Zeichen der Übergabe alle Häuser weiss zu beflaggen, was wir mit Betttüchern bewerkstelligten. Angeblich werden Häuser ohne weisse Fahnen in die Luft gejagt. Auf dem Heimweg sehen wir einen rastenden Trupp amerikanischer Infanterie mit Granatwerfer. Wir schauen uns im Vorübergehen an und keiner nimmt Notiz vom anderen. Die Nacht verbringen wir sicherheitshalber nochmals im Linden-Keller, vielleicht gibt’s doch noch deutsche Gegenstösse?
Donnerstag, 12. April
Wir beginnen mit dem Schutträumen in Haus und Wohnung. Plötzlich ruft eine Nachbarin zu: „Geht sofort in den Keller, auf der Strasse treiben sie die Frauen zusammen!“ Nachdem wir eine Zeitlang im Keller sind, nichts sehen, nichts hören, packt Mutter die Neugier. Wir schleichen in den ersten Stock und lugen vorsichtig aus dem Fenster. Da merken wir, dass noch mehr Leute aus ihren Fenstern schauen, ausserdem ist nur ein einziger bärtiger Amerikaner zu sehen, der Befehle brüllt und mit dem grossen Revolver in der Hand herumfuchtelt. Mutter ruft ihm zu: „Proklamation?“ Das versteht er, erleichtert nickt er und deutet in die Richtung, wo wir hinsollen. Also gehen wir zum Zeughausplatz, wo ein kleines amerikanisches Fahrzeug steht, besetzt mit zwei Soldaten. Man hält uns aber keinen Vortrag, sondern bedeutet uns nach längerer Wartezeit, dem Fahrzeug zu folgen. Es geht durch die Manggasse, über den Rossmarkt und Jägersbrunnen, Rüfferstrasse, Wilhelmstrasse. Da fällt uns auf, dass zahlreiche Jagdflugzeuge über uns kreisen. Sofort entsteht das Gerücht: „Die treiben uns zusammen und machen uns dann von der Luft aus nieder!“ Die Leute sind alle so apathisch, dass keiner ans Ausreissen denkt, sondern sich in ihr Schicksal ergeben. Gewohnt, Befehle zu befolgen, trotten sie weiter. Der Sammelplatz befindet sich nahe dem Goethe-Bunker. Stundenlang liegen wir in der Hitze und warten. Dann kommt der Aufruf: “ Alle über 70-jährigen Personen antreten!“ Kurz darauf sehen wir, dass die alten Leute an einer Filmkamera vorbeiziehen müssen. Für die amerikanische Wochenschau wohl? Nach weiteren Stunden des ungewissen Wartens heisst es auf einmal, wir könne wieder heimgehen. Und schon wird ein neues Gerücht geboren: „Man hat uns nur zusammengetrieben, damit die polnischen Fremdarbeiter in der Stadt freie Hand zum Plündern haben“. Voll Angst und Sorge hasten wir heim, aber es war alles noch da. Die Nacht verbringen wir mit Familie F. im Zeughaus-Keller.
Freitag, 13. April
Durch eine deutsche Granate bricht in der Kirchgasse Feuer aus, dem fast drei Häuserviertel zum Opfer fallen.
Samstag, 14. April
Gestern und heute säubern wir die Küche, so dass wir wieder wohnen können.
Sonntag, 15. April
Früh ist der Dachdecker da und deckt unser Dach. Nachmittags bringen wir die Fenster in Ordnung.
Montag, 16. April
Ausländer sowohl als auch Deutsche plündern die Geschäfte in der Stadt. Bei Karch bekommen wir Fleisch ohne Marken.
Ein weiteres Tagebuch hat uns die damals 20-jährige Rita Eschenauer aus Grettstadt hinterlassen. Ihre Aufzeichnungen geben ebenfalls ein treffendes Stimmungsbild aus jener Zeit:
Ostersonntag, 01.April
Ich selbst arbeite im Betrieb der Vereingten Kugellagerfabriken in Schweinfurt und bin seit der Bombardierung des Werkes in Bad Kissingen, wo das Werk seine ganzen Büros untergebracht hatte. Da die tägliche Bahnfahrt immer riskanter wurde, wegen der Tiefflieger, wohne ich seit dem 15.01.1945 ganz in Bad Kissingen (Gartenvilla, Sperenza, Schönbornstrasse 3) und fahre jedes Wochenende heim. In den letzten Wochen hat sich jedoch vieles verändert. Russische und amerikanische Truppen sind im Vaterland im Vormarsch. Die amerikanischen Streitkräfte sind schon ganz in unsere Nähe vorgerückt. Die Karwoche war in diesem Jahr eine tatsächliche Leidenswoche. Von Ferne hört man Tag und Nacht überall den Donner der Bomben und Granaten. Es ist schauerlich, nur an die herannahende Zeit zu denken. Von überall her kommen Flüchtlinge und Evakuierte. Auch sieht man schon viele versprengte Truppen unserer Wehrmacht. Von allen Soldaten, mit denen ich im Briefwechsel stand, weiss ich nichts mehr. Heinrich hat seit dem 1.2., Hans seit dem 5.3., die anderen alle seit Weihnachten nichts mehr geschrieben. Wo werden sie alle stecken? Ich habe ihnen allen Ostergrüsse gesandt, ob sie ankommen, wer weiss? Jetzt geht keine Post mehr.
Ostermontag, 02.April
Mein Vater muss heute arbeiten. Es sollen noch Kugellager vom Lagerhaus in Grettstadt nach Mainleus (auch einem Verlagerungsbetrieb von VKF) geschafft werden. Da gab es gegen 17 Uhr einen grossen Schrecken, denn ein Tiefflieger beschoss das Lagerhaus, weil mehrere Ölfässer auf dem Bahngleis standen. Gott sei Dank war meinem Vater, der schnell unter einen Waggon kroch, nichts passiert. Gegen Abend traf ich noch unseren Flaksoldaten Albert Plötz, der schon das Material zum Sprengen der Sulzheimer Stellung holte. Er schenkte mir ein Paar Strümpfe. Die Erstkommunionkinder gingen schon heute, am Ostermontag, zum Tisch des Herrn, wegen der Ungewissheit der kommenden Tage.
Dienstag, 03. April
Vater brauchte heute nicht mehr zu arbeiten, wegen des Schadens, den der Tiefflieger anstellte. Ich versuchte früh mit dem Zug zu meiner Arbeitsstätte nach Bad Kissingen zu kommen, was mir nicht gelang – keinen Anschluss in Schweinfurt. So machte ich mich wieder auf den Heimweg und lief von Schweinfurt zu Fuss nach Grettstadt. Meine Mutter freute sich riesig, als ich wieder kam.
Mittwoch, 04. April
Heute früh gelang es mir nach Bad Kissingen zu kommen. Dort wurde alles eingepackt und in einem Stollen hinter dem Kurhaus versteckt. Man wartete schon auf den Feind, der bereits Hammelburg erreicht hatte. Ich nahm Abschied vom Geschäft, meinem Zimmer und allen Mitarbeitern. Als Mittag das Gerücht auftauchte, dass der Feind schon zwischen Würzburg und Schweinfurt sei, haute ich sofort mit der wenigen Habe von Bad Kissingen ab. Zum Glück erwischte ich ein deutsches Militär-Lastauto, das mich mit nach Schweinfurt nahm, dann ging’s zu Fuss heim. Letzter Tag in Bad Kissingen.
Donnerstag, 05. April
Immer wieder kommen Soldaten ins Dorf, die ihre Stellungen fluchtartig verlassen mussten. Wir hatten einen Flieger aus Osterbrucken zum Übernachten.
Freitag, 06. April
Die Lage wird immer ernster, Cousine Martha hat einen Soldaten aus Würzburg zum Übernachten bekommen. Würzburg ist schon vom Feind besetzt. Schon kracht es ganz nahe bei uns. Die Flieger sind immer und überall am Himmel.
Samstag 07. April
Meine Cousine Agnes und ich marschieren zu Fuss nach Gochsheim und holen Apfelsaft. Das Lager Bernhard wird ausverkauft. Nach Schweinfurt fliegen die ersten Artillerie-Granaten – schrecklich! Auf dem Heimweg von Gochsheim nach Grettstadt konnten wir schon Artillerie und Tiefflieger beim Beschuss der Stadt Schweinfurt beobachten. Es ist grauenhaft! Gegen Abend kamen ins Dorf viele deutsche Soldaten einer versprengten Kavallerie-Abteilung. Ein oberschlesischer Soldat ass bei uns zu Abend.
Weisser Sonntag, 08. April
Da man nicht wusste, ob der 2. Gottesdienst noch ungestört gehalten werden konnte, gingen meine Eltern und ich schon um 7 Uhr zur Messe. Die Soldaten, die gestern von westen kamen, wurden hier neu zusammengestellt und mussten zu Pferd oder zu Fuss gegen 14 Uhr wieder an den Feind. Es war grauslich, das Gefühl zu wissen, sie müssen vorgehen und kämpfen. Ein Flakblindgänger traf das Dach unserer Kirche.
Montag, 09. April
Vater und Mutter waren zur Kirche gegangen und kamen gleich wieder, weil der Gottesdienst wegen Annäherung des Feindes abgebrochen werden musste. Die letzten deutschen Truppen kamen am Waldrand entlang heute morgen zurück. Sie umgingen unsere Ortschaft weiter nach Osten. Jetzt hörte man schon Maschinengewehrgeknatter. Auch war das Anrollen der Panzer schon zu hören. Wenn diese nur schon bei uns wären, dann wüsste man wohl mehr als heute. Werden wir wohl diese Tage überleben? Wer weiss, wie alles kommen wird. Gegen 22 Uhr stellen die Deutschen an der Dreschhalle noch ein Geschütz auf zur Gegenwehr. Da hatten wir eine schreckliche Angst, aber gottlob wurde es schon eine Stunde später abgezogen.
Dienstag, 10. April
Den ganzen Tag hörte man das Schiessen der feindlichen und deutschen Artillerie. Das Feuer spielte sich alles westlich unserer Ortschaft ab. Dichte Staub- und Rauchwolken konnte man überall sehen. Wir haben am Abend ein Bett im Keller gerichtet, um vielleicht etwas zu schlafen. Herr Platzbecker, ein Evakuierter aus Schweinfurt, liess sich in der Nacht zum Bunker am Burkartsbrunnen bringen, weil er sich dort sicherer fühlte. Wir blieben in unserem Keller und hausten dort. Es war eine fürchterliche Nacht. Wir haben nicht geschlafen. Die Stimmung war auch am Morgen schrecklich mies. Jetzt wünschten wir nur noch, dass der Ami bald kommt. Plötzlich, nachmittags gegen 16 Uhr, kamen die ersten Granaten zu uns geflogen. Sie schlugen rings um den Ort überall ein. Bei uns am westlichen Ortsende war es sehr schlimm. Im Garten, im Hof, auf der Strasse, überall flogen die Granatsplitter herum. Man konnte nicht ausser Haus. Die Fensterscheiben flogen als erstes. Der Mörtel, der Spiegel und die Bilder fielen von den Wänden. Also ging der Zauber jetzt erst richtig los? Drei Tiefflieger beschossen die Dreschhalle, direkt gegenüber unserem Haus. Gegen Mitternacht wurde es dann ruhig.
Mittwoch, 11. April
Endlich haben wir in der Nacht im Keller einen tiefen Schlaf gefunden. Aber dafür war schon am Morgen die Hölle los. Schon gegen 6 Uhr 30 weckte uns schreckliches Geschiesse. Wir konnten bis Mittag nicht aus dem Keller. Bis 9 Uhr sassen wir und beteten den Rosenkranz. Meine Eltern und auch ich glaubten, es ist unsere letzte Stunde. Bei jedem neuen Abschuss- wir hörten Abschuss, Pfeifen und Einschlagen – wussten wir ja nicht wohin das Geschoss geht und ob es uns nicht treffen wird. Auf einmal hörten wir ein Geknister – es musste irgendwo brennen! Ist es bei uns? Vater erspähte in einem ruhigen Augenblick, dass die Scheune von Müllers gegenüber in hellen Flammen stand. Wir mussten im Keller bleiben und konnten nicht löschen helfen. Erst gegen Mittag liess endlich das Arifeuer nach. Wir krochen wie Leichen aus dem Keller. Immer noch war der Feind irgendwo westlich und südwestlich von uns. Wir konnten aber nichts sehen und am Nachmittag wurde es dann verhältnismässig ruhig. Gegen Abend kam dann Pfarrer Spieler zu uns, um sich den Schaden im westlichen Teil der Ortschaft anzusehen, wo wir ja wohnen. Er erklärte uns, dass der Artillerie-Beobachter auf dem Kirchturm um 11 Uhr abgehauen ist und sicher schon morgen vormittag die Amis hier sind. Bei der grossen Schiesserei heute morgen haben schon viele Ortsbewohner die weisse Fahne aus den Häusern getan. Es waren grundsätzlich die grössten Nazis gewesen. In den Dämmerstunden des heutigen Tages konnte man das Rollen der Panzer wieder ganz nahe hören. Es gab nur einen Gedanken: Wann werden sie jetzt kommen? Um etwa 20 Uhr legten wir uns wieder im Keller zur Ruhe.
Donnerstag, 12. April
Nach einer Nacht mit mächtigem Hin- und Herschiessen wurde ich vom Vater um 6 Uhr geweckt. Ich war noch so müde, dass ich nicht gleich aufstand. Auf einmal ein Schrei meines Vaters: „Dort hinten am Waldrand kommen die Panzer!“ Sofort sprang ich aus dem Bett. Wirklich, südwestlich am Waldesrand des Schopfich entlang kam Panzer auf Panzer gefahren. Sie kamen, die Amis! Welch ein Gefühl! Sollte man weinen oder sich freuen? Mir war ganz komisch zumute. Wir konnten gar nicht so schnell alles fassen, denn im Nu war schon überall die feindliche Infanterie zu sehen. Ich wollte am Küchenfenster meiner Cousine Agnes schnell sagen, dass schon überall Amis zu sehen sind, aber o Schreck, unter dem Fenster dicht angelehnt, mit dem Gewehr auf mich gerichtet, stand ein schwarzer Soldat. Das war die erste Begegnung mit dem Ami. War er nun ein Feind oder Freund? Schnell war das ganze Dorf eingenommen. Zuerst wurden natürlich alle Häuser nach versteckten deutschen Soldaten durchsucht. Wir erklärten, dass sie alle schon seit zwei Tagen fort seien. Nun rollten etwa zwanzig bis dreissig amerikanische Panzer auf einem südlichen Feldweg in unser Dorf und standen der Hauptstrasse entlang Parade. – Schon der ganze April war sehr warm. Die Sonne lachte täglich vom Himmel wie selten in den Apriltagen eines Jahres. Ausgerechnet heute sandte uns der Herrgott nicht nur die Befreier des schrecklichen Kriegs, sondern auch einen herrlichen warmen Regen. Alles in der Natur erwachte zu neuem Leben und auch bei uns Menschen ist ein neues Erwachen gekommen, denn nun beginnte eine andere Zeit für uns? Die Soldaten suchten meist Bauernhäuser auf, wo sie kurze Zeit wirtschafteten. Ein Jugoslawe, der mit einer Grettstädter Frau verheiratet ist und lange Zeit in Amerika lebte, übergab als Dolmetscher unsere Ortschaft. Die Bevölkerung musste die weisse Flagge hissen. Sämtliche Waffen und Munition mussten auf dem Rathaus abgegeben werden. Auch fanden Hausuntersuchungen nach Waffen und Munition statt. Aber das ist bei uns alles gut verlaufen. Im Lagerhaus der VKF blieben ca. 10 bis 20 Amis stationiert zur Bewachung des Dorfes; alles andere war bis zum Abend weitergezogen. Zu all diesen Ereignissen des Tages kam heute auch ein alter Bekannter aus dem warmen Süden ins Dorf, nämlich unser Storch.
Freitag, 13. April
Alles ist ruhig geworden. Die Menschen versuchen, zu sich und der gewohnten Umwelt zurückzufinden. Vereinzelt hört man noch Donner und Krachen des Krieges. Ruhig ziehen die Flugzeuge mit dem Sternzeichen – nicht mehr mit dem Eisernen Kreuz – über uns hinweg. Zwei Mann stehen im braunen Stahlhelm unserem Haus gegenüber und hüten ein kleines Lagerfeuer, das zum Erwärmen dienen soll. Gleich nach dem Morgengottesdienst, der für unsere in den letzten Tagen gefallenen Krieger gehalten wurde, kamen den ganzen Tag Lastkraftwagen und brachten neuen Nachschub weiter an die jetzt östliche Front. Verdunklung brauchten wir nicht mehr. Licht gab es noch keines. Auch die Wasserleitung ist ausser Betrieb. Es fährt kein Zug. Es gibt verschiedene Bestimmungen, vor allem ein Ausgangsverbot von 18 Uhr abends bis 7 Uhr morgens.
Tod von Franklin D. Rosewelt (12.04.1945)
(aus die Welt)
Aus der Sicht der „Nazigrössen“
Am 12. April 1945 schöpfte Adolf Hitler noch einmal Hoffnung. Der Präsident der Vereinigten Staaten, der Kopf der Alliierten, erlag einem Hirnschlag. Doch das „Wunder“ für das Dritte Reich blieb aus.
Als der „gefährlichste Mann des Krieges“ starb
Am 12. April 1945 schöpfte Adolf Hitler noch einmal Hoffnung. Der Präsident der Vereinigten Staaten, der Kopf der Alliierten, erlag einem Hirnschlag. Doch das „Wunder“ für das Dritte Reich blieb aus.
Der 12. April 1945 war ein freundlicher Frühlingsdonnerstag. Jedenfalls in Warm Springs im US-Bundesstaat Georgia. Seit zwei Wochen erholte sich hier US-Präsident Franklin D. Roosevelt in seinem privaten Ferienhaus. Der 63-Jährige hatte die Strapazen des Gipfeltreffens mit Josef Stalin und Winston Churchill in Jalta Anfang Februar nur schlecht verkraftet.
An diesem Nachmittag wollte er der Malerin Elizabeth Shoumatoff Modell sitzen. Nach dem Mittagessen sagte er plötzlich: „Ich habe so einen schrecklichen Schmerz im Hinterkopf“. Sein Begleitarzt diagnostizierte einen Gehirnschlag. Gegen 15.35 Uhr Ortszeit starb Franklin Roosevelt, der seit 1933 Präsident gewesen war.
In Berlin kam die Nachricht gut eine Stunde später an – etwa gegen 22.45 Uhr Ortszeit. Aus der Führung des Dritten Reiches erreichte die Information zuerst Joseph Goebbels. Der Propagandaminister ließ sich umgehend mit Hitler verbinden. Er gratulierte ihm, denn das Schicksal habe seinen größten Feind niedergestreckt. Gott habe sie nicht vergessen, sagte er pathetisch, um anschließend mit ekstatisch verklärter Stimme von einem „Wunder“ zu sprechen.
Dann beschwor er das „Mirakel des Hauses Brandenburg“, das in allerletzter Stunde das Preußen Friedrichs des Großen vor dem Untergang bewahrt hatte. Goebbels war sicher: Ähnliches würde sich jetzt wiederholen.
Im Jahr 1762 hatte der Tod der Zarin Elisabeth die österreichisch-russische Koalition gesprengt und damit Preußen die Chance auf ein gesichtswahrendes Ende des Siebenjährigen Krieges eröffnet. Nach diesem Vorbild würde der Tod des „jüdischen“ Erzfeindes Roosevelt nun das Ende der Koalition zwischen den westlichen „Plutokratien“ und Stalins Sowjetunion einläuten.
Wie reagierte Hitler auf die Nachricht aus den USA? Sein Adjutant Nicolaus von Below erinnerte sich, der „Führer“ habe die Nachricht nüchtern und ohne großen Optimismus aufgenommen. „Aber er schloss doch nicht aus, dass dieser Tod politische Folgen für uns haben könnte“. Von Euphorie gab es auch in den Notizen von Hitlers Sekretär Martin Bormann keine Spur. Der neben SS-Chef Heinrich Himmler und Rüstungsminister Albert Speer mächtigste Mann des Dritten Reiches schrieb schlicht „Roosevelt †“ auf und: „abends Kesselring. Lange Besprechung“.
Ganz anders aber gab sich der Chef der Parteikanzlei nach außen. Noch in der Nacht zum 13. April 1945 rief er die Gauleiter der NSDAP in den wenigen verbliebenen noch nicht besetzten Gebieten Deutschlands an. Ein „totaler Umschwung in Europa“ stehe bevor. Die Meldung vom Tode Roosevelts sei „die beste Nachricht, die wir seit Jahren bekommen haben“. Den Grund für seine Zuversicht nannte Bormann auch: „Sagen Sie allen Männern, der gefährlichste Mann dieses Krieges ist tot“.
Möglicherweise teilte Hitler im ersten Moment die Begeisterung von Goebbels, um dann aber doch zu erkennen, dass sich mit Roosevelts Tod eigentlich gar nichts an der Lage verändert hatte. Zumindest sagte Albert Speer wenige Monate nach Kriegsende aus, nach dem „Überschwang des ersten Augenblicks“ sei Hitler „zu einer ruhigeren Beurteilung gekommen“.
Jedoch ist Speer ein notorisch unzuverlässiger Zeuge. In seinen 1969 erschienenen Erinnerungen schilderte er die Szene deutlich anders: „Hitler sah mich und stürzte mit einer bei ihm seltenen Lebhaftigkeit auf mich zu“.
Die Worte des Diktators hätten sich überstürzt: „Hier haben wir das große Wunder, das ich immer vorhergesagt habe. Wer hat nun Recht? Der Krieg ist nicht verloren. Lesen Sie! Roosevelt ist tot!“ Er habe sich gar nicht beruhigen können: „Endgültig glaubte er die Unfehlbarkeit der ihn beschützenden Vorsehung bewiesen“.
Schlacht um die Seelower Höhen (16.04.1945 – 20.04.1945)
Die Schlacht um die Seelower Höhen im April 1945 eröffnete die Schlacht um Berlin der Roten Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges. Der auch als Schlacht an der Oder bezeichnete Grosskampf bedeutete das Ende der deutschen Ostfront. Die 1. Weissrussische Front unter dem Befehl von Marschall Schukow durchbrach dabei in einem grossangelegten Angriff die Stellungen der Heeresgruppe Weichsel der deutschen Wehrmacht.
Im Rahmen der Schlacht um Berlin waren die Seelower Höhen der am heftigsten umkämpfte Abschnitt. Die Schlacht um die Höhen dauerte vier Tage: vom 16. bis 19. April 1945. Knapp 1 Million Rotarmisten erkämpften sich dadurch den Weg zu den Toren Berlins, verteidigt von etwa 120.000 deutschen Soldaten.
Hintergrund
Nach der am 12. Januar 1945 losbrechenden sowjetischen Offensive an der Weichsel drängte die 1. Weissrussische Front die deutsche 9. Armee zwischen Warschau und Radom nach Westen zurück. Die südlicher anschliessende deutsche 4. Panzerarmee wurde im Raum Kielce von der 1. Ukrainischen Front vernichtend geschlagen. Am 15. Januar 1945 begann aus dem Raum Jaslo die Offensive der 4. Ukrainischen Front gegen die deutsche 17. Armee; bis zum 19. Januar 1945 gelang den Sowjets die Rückeroberung von Krakau. Infolge des schnellen Zusammenbruches der Heeresgruppe A gingen der Wehrmacht alle noch gehaltenen Gebiete Polens verloren, die Front näherte sich der alten deutschen Reichsgrenze. Zwischen 26. Januar und 3. Februar 1945 durchbrachen die Truppen Marschall Schukows die deutschen Stellungen in der Neumark und bildeten beiderseits Küstrin und nördlich von Fürstenberg die ersten Brückenköpfe am westlichen Oderufer. Der sowjetische Hauptstoss richtete sich direkt auf die Reichshauptstadt Berlin.
Weiter südlich begann am 8. Februar 1945 die Offensive der 1. Ukrainischen Front nach Schlesien, Mitte Februar war das zur Festung erklärte Breslau vollständig von sowjetischen Truppen umschlossen. Am nördlichen Abschnitt wurde am 9. April Königsberg in Ostpreussen von der Roten Armee eingenommen. Dies ermöglichte es der 2. Weissrussischen Front unter Marschall Rokossowski, nach Westen an das Ost ufer der Oder vorzurücken. Während der ersten beiden Aprilwochen führte
die Rote Armee hier eine Umgruppierung durch, bei der sich die 1. Weissrussische Front am vor den Seelower Höhen gelegenen Ostufer der Oder konzentrierte. Die 2. Weissrussische Front besetzte indessen die verlassenen Stellungen nordöstlich der Höhen bis zur Küste bei Stettin. An der Südflanke schob sich Marschall Konews 1. Ukrainische Front aus Oberschlesien zwischen Görlitz – Bad Muskau und Forst und zur Lausitzer Neisse vor.
Sowjetischer Aufmarsch
Für die Berliner Operation liess die Stawka drei Fronten an der Oder und Neisse aufmarschieren. An der Nordflanke zwischen Oderberg über Stettin bis zur Ostsee stand die 2. Weissrussische Front mit fünf Armeen (11. Schützenkorps mit 33 Divisionen und drei Artilleriedivisionen und einigen weiteren Artillerie- und Raketenwerferbrigaden). Rokossowskis Front besass 951 Panzer und Selbstfahrgeschütze sowie 8.320 Artilleriegeschütze (davon 2.770 Minenwerfer). Gegenüber der 2. Weissrussischen Front stand auf deutscher Seite die 3. Panzerarmee mit 11 Divisionen und 212 Panzern und praktisch ohne konventionelle Artillerie, ausser etwa 600–700 Flak-Geschützen vom Kaliber 8,8 cm.
Die kampfstärkste 1. Weissrussische Front bestand aus 11 Armeen (77 Schützendivisionen, sieben Panzer- und drei Mech.-Korps, acht Artilleriedivisionen und weiteren Artillerie- und Raketenwerferbrigaden). Schukows Einheiten besassen 3155 Panzer und Selbstfahrgeschütze sowie 20.130 Artilleriegeschütze (davon 7186 Minenwerfer), und waren im westlichen Oderbrückenkopf von Küstrin konzentriert. Sie stand einer neu zusammengesetzten deutschen 9. Armee vor den Seelower Höhen gegenüber.
Im Süden marschierte die 1. Ukrainische Front an der Neisse von Guben über Forst bis in den Raum Görlitz auf. Konews Front bestand aus acht Armeen (48 Schützendivisionen, sechs Panzer- und vier Mech.-Korps). Die Kampfstärke setzte sich aus 2055 Panzern und Selbstfahrgeschützen sowie 13.571 Artilleriegeschützen (davon 5225 Minenwerfer) zusammen. Konews Front bereitete den Hauptstoss gegen die deutsche 4. Panzerarmee in Richtung auf Cottbus und Spremberg vor.
Die drei sowjetischen Fronten verfügten insgesamt über etwa 2,5 Millionen Mann, 6250 Panzer, 7500 Flugzeuge, 41.600 Artilleriegeschütze und Mörser, 3255 Katjuscha-Raketenwerfer und 95.383 Kraftfahrzeuge.
Deutsche Verteidigung
Generaloberst Gotthard Heinrici hatte während der Schlacht um Ostpommern am 21. März 1945 den militärisch völlig unerfahrenen Heinrich Himmler als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Weichsel abgelöst. Als einer der besten Defensivtaktiker in der deutschen Wehrmacht entwarf er sofort Pläne für die Verteidigung an der Oder. Er erkannte, dass der sowjetische Hauptstoss über die Oder entlang der Reichsstrasse 1 erfolgen würde. So entschied er, das Westufer der Oder lediglich mit einem dünnen Schleier zu verteidigen, und liess stattdessen die Seelower Höhen befestigen, die den westlichen Rand des Oderbruchs bilden und sich etwa 48 Meter über der waldlosen Oderniederung erheben. Die namengebende Stadt Seelow liegt an der heutigen Bundesstrasse 1 etwa 18 Kilometer westlich des Punktes, an dem die Strasse bei Küstrin/Kostrzyn nad Odrą den Fluss überschreitet. Um die notwendige Personalstärke für die Verteidigung zu erreichen, liess er an anderen Stellen die deutschen Linien ausdünnen. Gleichzeitig verwandelten deutsche Pioniere das Oderbruch, welches bereits von der Frühjahrsflut getränkt war, durch Öffnung eines Reservoirs flussaufwärts in einen einzigen Sumpf. Dahinter wurden drei Verteidigungsgürtel angelegt, die bis an die Aussenbezirke von Berlin heran reichten. Die letzte Linie, ungefähr 15–20 km hinter der ersten Linie, war die sogenannte Wotan-Stellung, die aus Panzergräben, PaK-Stellungen und einem ausgedehnten Netz von Gräben und Bunkern bestand.
Die im Hauptangriffsfeld liegende deutsche 9. Armee deckte die Front vom Finowkanal im Norden bis nach Guben im Süden; die Stellungen auf den Seelower Höhen bildeten dabei den wichtigsten Verteidigungsabschnitt. Sie erwartete den sowjetischen Angriff am Oderbruch mit deutlich unterlegenen Kräften. Diese bestand aus 15 Divisionen mit 512 Panzern, 344 Artillerie- und 300–400 Flakgeschützen. Der linke Flügel zwischen Oderberg und Letschin wurde durch das CI. Armee-Korps unter General der Artillerie Berlin gebildet. Nach Süden anschliessend führte das LVI. Panzerkorps unter General der Artillerie Weidling im Raum Seelow und das XI. SS-Armee-Korps unter SS-Obergruppenführer Kleinheisterkamp bis auf die Höhe von Lebus. Eine starke Garnison unter Oberst Biehler hielt sich noch am östlichen Oderufer in Frankfurt an der Oder, das zur Festung erklärt worden war. Der rechte Flügel der 9. Armee stand zwischen der Garnison von Frankfurt und Fürstenberg und wurde durch das V. SS-Gebirgskorps unter SS-Obergruppenführer Friedrich Jeckeln gedeckt.
Die Schlacht
16. April
In den frühen Morgenstunden des 16. April 1945, 3:00 Uhr MESZ, 5:00 Uhr Moskauer Zeit, wurde der Angriff durch das wohl stärkste Trommelfeuer der Geschichte eingeleitet. Es kamen 40.000 Artilleriegeschütze, unter anderem viele der gefürchteten Katjuschas, zum Einsatz. Eine halbe Stunde später (um 3:30 Uhr MESZ), griff die 1. Weissrussische Front über die Oder an. Zur selben Zeit brach die 1. Ukrainische Front weiter südlich über die Neisse vor. Da die deutsche Führung der Heeresgruppe (Generaloberst Heinrici) und der 9. Armee (General Busse) den Angriff für diesen Tag erwartet hatten, war in der Nacht zuvor die Masse der Verbände bis auf Sicherungen aus der Front gelöst und in die vorbereiteten Stellungen auf den Seelower Höhen verlegt worden. Die vordersten Linien mussten somit der Roten Armee kampflos überlassen werden. Zudem kam es bei der Aufnahme der eigenen Sicherungskräfte zu Beschuss durch eigene Truppen. Um den Anschluss wieder zu gewinnen, mussten für die Aufnahme teilweise die eigenen Stellungen gestürmt werden.
Während die 1. Garde-Panzerarmee noch am östlichen Oderufer zurückgehalten wurde, geriet der erste Angriff der 8. Gardearmee unter Generaloberst Wassili Tschuikow zu einem Desaster. Schukow hatte den Einsatz von 143 Scheinwerfern vorbereitet, mit denen die deutschen Verteidiger geblendet und das Schlachtfeld für die eigenen Waffen ausgeleuchtet werden sollten. Das Licht der Scheinwerfer wurde aber durch den morgendlichen Nebel und den Pulverrauch gestreut und gar auf die Angreifer zurückgeworfen, blendete sie und führte zu einem hellen Hintergrund, gegen den sich die angreifende Infanterie und vorrückenden Panzerspitzen deutlich abzeichneten. Zudem erwies sich der sumpfige Grund unter den Bedingungen des deutschen Sperrfeuers als grosses Hindernis. Diese Umstände führten bei den gegen die Linie Dolgelin-Friedersdorf angesetzten sowjetischen 28. und 29. Gardekorps zu enorm hohen Verlusten.
Im Abschnitt der 5. Stossarmee konnte hingegen die Alte Oder bei Platkow-Gusow erreicht werden, auch die 3. Stossarmee war auf fünf und zwölf Kilometer auf die Linie Altlewin-Letschin herangekommen. Die nördlicher stehende polnische 1. Armee hatte nördlich Neulewins den Nebenarm der Alten Oder überwunden. Der Vorstoss der sowjetischen 47. Armee auf Barnim bedrohte die Stellungen der 606. Infanterie-Division bei Wriezen.
Der sowjetische Operationsplan sah die Erstürmung der Seelower Höhen schon für den ersten Tag vor, es gab aber vorerst nur einen Geländegewinn von sechs Kilometern zu verzeichnen, die stark bedrängten Linien des XI. SS-Korps und des LVI. Panzerkorps bei den Seelower Höhen waren intakt geblieben. Südlich des Hauptkampffeldes konnte dagegen Konews 1. Ukrainische Front den Zeitplan gegenüber der deutschen 4. Panzerarmee einhalten und war bei Forst und Muskau erfolgreich über die Neisse gekommen. Schukow musste nach Moskau melden, dass es bei seiner Front in der Schlacht um die Seelower Höhen nicht planmässig voranging. Um Schukow anzutreiben, erklärte ihm Stalin daraufhin, dass er auch Marschall Konew Erlaubnis gebe, seine Panzerkräfte vom Süden nordwärts gegen Berlin zu richten. Unter starkem Zeit- und Erfolgsdruck beging Marschall Schukow, der unbedingt selbst Berlin einnehmen wollte, einen schweren taktischen Fehler und warf seine Reserven bereits jetzt vorzeitig in die Schlacht. In den bisherigen Grosskämpfen waren die Panzerreserven immer erst nach dem Durchbruch der Infanterie zum Nachstossen eingesetzt worden. Gegen 16 Uhr befahl Schukow dennoch den Einsatz der 1. und 2. Garde-Panzerarmee im Hauptkampffeld. Dadurch kam es besonders im Bereich der 8. Gardearmee zu einem Chaos; die eingeführten Panzerkräfte behinderten die Infanterie am Zugang zu ihrer Versorgung und bei der Koordinierung ihrer Angriffe. Die daher dicht massierten sowjetischen Kräfte boten der noch intakten deutschen Artillerie ein gutes Ziel, und der Beschuss führte erneut zu schweren sowjetischen Verlusten.
17. April
Am zweiten Tag durchkämmte der Stab der 1. Weissrussischen Front das rückwärtige Gelände auf der Suche nach allen Einheiten, die noch in die Schlacht geworfen werden konnten, da sich die sowjetische Taktik von massierten Frontalangriffen als noch verlustreicher als normalerweise erwiesen hatte. An diesem Tag kam es über der Oderfront zu schweren Luftkämpfen. Am Nordabschnitt der Heeresgruppe Weichsel konnte das Luftwaffenkommando Nordost (General der Flieger Fiebig) 1433 Flugzeuge, im Südabschnitt konnte die Luftflotte 6 (Generaloberst von Greim) 791 Flugzeuge einsetzen. Diesem Aufgebot stand eine mehr als dreifache Übermacht von vier sowjetischen Luftarmeen gegenüber. Im Abschnitt der 1. Weissrussischen Front standen den Deutschen die sowjetische 16. und 18. Luftarmee mit 3188 Flugzeugen gegenüber. Die 16. Luftarmee unter Generaloberst Rudenko setzte 647 Schlachtflieger und Jäger ein, welche die Luftherrschaft errangen und in die Bodenkämpfe eingriffen.
Bei Beginn der Abenddämmerung des 17. April war die deutsche Front vor Schukow immer noch intakt, stand aber kurz vor dem Zusammenbruch. Im Süden hatten sich hingegen die Überreste der Heeresgruppe Mitte unter Generalfeldmarschall Ferdinand Schörner nicht als solches Hindernis erwiesen. Unter dem Druck des Angriffs der 1. Ukrainischen Front musste die deutsche 4. Panzerarmee unter dem General der Panzertruppe Gräser an der Nordflanke zurückweichen. Schörner behielt seine zwei Reservepanzerdivisionen zur Deckung seines Zentrums zurück, statt mit ihnen die 4. Panzerarmee zu unterstützen. Dieser taktische Fehler war der Wendepunkt der Schlacht, denn bei Anbruch der Nacht waren die Stellungen sowohl der Heeresgruppe Weichsel als auch der südlichen Abschnitte der Heeresgruppe Mitte unhaltbar geworden. Nur ein sofortiges Zurückgehen auf die Linie der 4. Panzerarmee konnte sie vor der Einkesselung bewahren.
Sowjetischer Durchbruch am 18. April
Am 18. April stiessen beide sowjetische Fronten unter sehr schweren Verlusten stetig weiter vor. Der linke Flügel der deutschen 9. Armee, das bis Bad Freienwalde verteidigende CI. Armeekorps brach vor dem Angriff der sowjetischen 47. Armee und der 3. Stossarmee zusammen. Die 5. Jäger-Division musste vor der sowjetischen 61. und der polnischen 1. Armee aus dem Oderbruch auf die Alte Oder bei Wriezen zurückgehen. Auch die Front der südlicher, zwischen Trebbin und Altfriedland, noch haltenden Abschnitte der Divisionsgruppe 606 und der 309. Infanterie-Division brachen zusammen.
Die 151. und 171. Schützendivision der 3. Stossarmee kämpften sich über Kunersdorf und Metzdorf auf die Linie Möglin und Batzlow vor. Die 25. Panzergrenadier-Division versuchte zwischen Lüdersdorf und Frankenfelde eine neue Verteidigungsfront aufzubauen und den verlorenen Anschluss an die bei Prötzel stehende 18. Panzergrenadier-Division (Oberst Rauch) zu erreichen. An der Linie Platkow-Gusow-Werbig rangen die Reste der 9. Fallschirm-Division und der Panzer-Division Müncheberg mit der sowjetischen 5. Stossarmee und der 2. Gardepanzerarmee.
Zur Verstärkung des schwer bedrängten LVI. Panzerkorps hatte Generaloberst Heinrici bereits am 17. April die Abgabe der 11. SS-Panzergrenadier-Division aus der Front der 3. Panzerarmee angeordnet. Zugleich nach dem Eintreffen griff die SS Panzer-Aufklär-Abteilung 11 im Kampfgebiet der 9. Fallschirmjäger-Division bei Wulkow ein, wurde aber durch sowjetisches Geschützfeuer gestoppt.
Katukows 1. Gardepanzerarmee stand siegreich westlich von Reichenberg und nördlich von Buckow mit dem SS Panzer-Regiment 11 und mit der Schweren SS-Panzer-Abteilung 102 bei Neuentempel und Marxdorf im Kampf. Gegen Abend hatte die sowjetische 8. Gardearmee der 1. Weissrussischen Front die dritte und letzte Linie der Verteidigung der 20. Panzergrenadier-Division durchbrochen, die Front der deutschen 9. Armee brach darauf zwischen Wriezen und Müncheberg auseinander. Im Süden am Neisse-Abschnitt bereiteten derweil die sowjetische 3. Gardearmee und die 3. Gardepanzerarmee der 1. Ukrainischen Front nach der Eroberung von Forst den Durchbruch ins offene Gelände in Richtung auf Cottbus vor
19. April
Die am 19. April zwischen Wriezen und Behlendorf auf 25 Kilometer aufgerissene Front spaltete die deutsche 9. Armee in zwei Teile. Die Reste der 25. Panzergrenadierdivision waren wegen der jetzt offenen rechten Flanke und durch die Bedrohung im Rücken gezwungen, auf den Brückenkopf bei Eberswalde zurückzugehen. Der Vormarsch der sowjetischen 61. Armee unter General Below südlich des Finowkanals nach Westen war dadurch freigegeben. Einheiten der polnischen 1. Armee überquerten die Alte Oder bei Ranft und bedrohten die deutschen Verteidiger bei Bad Freienwalde vom Süden. Die südlich davon vorgehende sowjetische 47. Armee unter General Perchorowitsch besetzte Wriezen und bekam beim weiteren Vorstoss auf die Havel das 9. Panzerkorps zugeteilt. Die 3. Stossarmee unter Generaloberst Kusnezow überrannte die letzten Stellungen des deutschen CI. Armeekorps und bahnte den Weg für die zum Durchbruch eingeführte 2. Garde-Panzerarmee unter Generaloberst Bogdanow. Das 1. mechanische Korps unter Generalleutnant Kriwoschein hatte die 3. Stossarmee, das 12. Garde-Panzerkorps unter Generalmajor Teljakow den Vorstoss der 5. Stossarmee auf Grunow zu unterstützen. Die 5. Stossarmee des Generals Bersarin drängte die Reste der Fallschirmjäger auf Neu-Hardenberg zurück.
Tschuikows 8. Gardearmee und Katukows 1. Garde-Panzerarmee brachen den letzten Widerstand des deutschen LVI. Panzerkorps an den Seelower Höhen, die 82. Garde-Schützendivision eroberte Müncheberg. Nur noch einzelne versprengte deutsche Formationen lagen zwischen den Sowjets und Berlin. Die Überreste der Panzergrenadier-Division Kurmark gaben die Linie Marxdorf-Dolgelin auf, gingen zurück und versuchten vergeblich eine Auffanglinie zwischen Berkenbrück und Kersdorf mit Front nach Norden und Osten zu besetzen.
Beim XI. SS-Korps musste infolge des sowjetischen Durchbruchs auch die bisher intakte Front der 169. und 712. Infanteriedivision zwischen Carzig und Lebus vor dem Druck der sowjetischen 69. Armee (Kolpaktschi) zurückgenommen werden. Südlich des Friedrich-Wilhelm-Kanals bis nach Fürstenberg hielten die weniger stark bedrängten Stellungen der 32. SS-Grenadier-Division und der 391. Sicherungs-Division dem Druck der sowjetischen 33. Armee noch kurze Zeit stand.
Am Abend des 19. April hatte die Front der deutschen 9. Armee aufgehört zu existieren; die sich noch einzeln haltenden Widerstandsnester wurden umschlossen und aufgerieben.
Fazit
Die Stellung auf den Seelower Höhen war die letzte Hauptverteidigungsstellung ausserhalb Berlins. Nach dem 19. April lag der Weg nach Berlin offen. Die Reste des geschlagenen LVI. Panzerkorps mussten sich auf die Linie Rahnsdorf-Neuenhagen und im Laufe des 21. April auf die Linie Köpenick-Marzahn zurückziehen. Nachdem auch die 1. Ukrainische Front südlich Cottbus durchgebrochen war, drehten ihre beiden Panzerarmeen nach Nord auf Berlin ein. Der gesamte Südflügel der 9. Armee und das V. Armeekorps der 4. Panzerarmee standen vor der Einschliessung durch die sowjetische 3. Gardearmee und die 3. und 4. Garde-Panzerarmee der 1. Ukrainischen Front. Gleichzeitig wurden das deutsche V. und XI. SS-Korps der 9. Armee zwischen der Neisse und dem Spreewald im Kessel von Halbe eingeschlossen. Während die sowjetische 13. Armee den vorangehenden Panzerkräften am 21. April auf Lübben nachfolgte, operierten Konews 13. Armee in Richtung auf Wittenberg und die 5. Gardearmee gegen Torgau, wo am 25. April an der Elbe die Verbindung mit der 1. US-Armee hergestellt wurde.
Die Verluste des sowjetischen Durchbruchs an der Oder waren sehr hoch. Zwischen dem 16. und 19. April hatten die sowjetischen Truppen 2807 Panzer verloren. Etwa 12.000 deutsche Soldaten fielen in den vier Tagen der Schlacht, während auf sowjetischer Seite über 33.000 Gefallene zu beklagen waren.
Am 25. April war Berlin komplett eingeschlossen, und die Schlacht um Berlin erreichte ihren Höhepunkt. Eine Woche später war Adolf Hitler tot, zwei Wochen später war der Krieg in Europa beendet.
Nach dem Krieg reklamierten Schukows Kritiker, dass er die 1. Weissrussische Front von der Reichsstrasse 1 nach Berlin abwenden und auf der Route der 1. Ukrainischen Front über die Neisse die deutschen Stellungen hätte umgehen sollen, um auf diese Weise die hohen Verluste und die Verzögerung zu vermeiden. Es muss allerdings bedacht werden, dass die 1. Weissrussische Front auf einem sehr engen Angriffsstreifen zusammengezogen war, der wohl einen Umweg unmöglich machte. Die anderen Frontgeneräle konnten dagegen diese Stellung umgehen und taten es auch.
Schlacht um Nürnberg (16.04.1945 – 20.04.1945)
In der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges in Europa wurden im April 1945 die bayerischen Städte von Verbänden der US Army eingenommen, die nach dem Scheitern der Ardennenoffensive und des Unternehmens Nordwind von Westen her vordrangen. Die Schlacht um Nürnberg dauerte fünf Tage; sie forderte mindestens 901 Tote. Die Einnahme Nürnbergs durch Einheiten der 7. US-Armee war von hohem Symbolwert; strategisch war das grossteils zerstörte Nürnberg in dieser Phase des Krieges nicht von besonderer Bedeutung. Die militärische Verteidigung Nürnbergs war aufgrund der Gesamtlage sowie aufgrund der Überlegenheit der US Army aussichtslos. Zur Ausführung des Nerobefehls kam es nicht mehr, so dass wichtige Infrastruktur erhalten blieb.
Vorgeschichte
Nach der Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung drangen US-amerikanische Truppen über den Rhein in Richtung Bayern vor, wie dies nach der Konferenz von Teheran vom Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force, dem Alliierten Hauptquartier in Nordwesteuropa unter General Dwight D. Eisenhower geplant war. Die Verteilung der militärischen Aufgaben entsprach geographisch den auf der Konferenz von Jalta bereits skizzierten späteren Besatzungszonen. Somit oblag es der US Army, Bayern zu erobern und die Herrschaft des Nationalsozialismus sowie den Zweiten Weltkrieg dort zu beenden. Der Widerstand, den die verbliebenen deutschen Truppen dem weit überlegenen Gegner entgegensetzten, war unterschiedlich stark. Während im Westen Deutschlands manche Städte bei Annäherung der amerikanischen Streitkräfte kampflos übergeben wurden, begannen an einigen Orten Kämpfe unterschiedlicher Schwere.
Nürnberg war in der Zeit des Nationalsozialismus als „Stadt der Reichsparteitage“ sowohl aus deutscher als auch aus alliierter Wahrnehmung von besonderer politischer Bedeutung. Daher entwickelte sich die Einnahme Nürnbergs durch US-amerikanische Truppen zur Schlacht um Nürnberg.
Bevölkerung
In Nürnberg lebten gegen Ende des Zweiten Weltkrieges noch 196.270 von 415.813 im Jahr 1933[1] und rund 423.000 im Mai 1939 bei einer Volkszählung erfassten Einwohnern (siehe Einwohnerentwicklung von Nürnberg). Das Absinken der Bevölkerungszahl ist auf mehrere, in der Hauptsache kriegsbedingte Faktoren zurückzuführen. Ein Grossteil der wehr- und arbeitsfähigen Männer war zu Wehrmacht, SS, Reichsarbeitsdienst und anderen militärischen und staatlichen Organisationen sowie zu Gliederungen der NSDAP eingezogen worden oder hatte sich freiwillig gemeldet. Zahlreiche Frauen waren zum Deutschen Roten Kreuz dienstverpflichtet worden oder hatten sich freiwillig gemeldet; dies war häufig mit einem Weggang aus Nürnberg verbunden. Im Zuge der „erweiterten Kinderlandverschickung“ und der „Mutter-Kind-Verschickung“ wurden, durch Hitlerjugend und Nationalsozialistische Volkswohlfahrt organisiert, Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 14 Jahren sowie bei Kleinkindern auch deren Mütter in vor allem ländliche Gebiete verbracht, um sie der Gefahr durch Luftangriffe zu entziehen. Darüber hinaus wurde durch die Aktion „Verschickung zu Verwandten“ die Einwohnerzahl Nürnbergs weiterhin reduziert. Ausgebombte Nürnberger fanden teilweise Unterkunft auf dem Land; andere zogen aufgrund der besseren Versorgung mit Lebensmitteln in die umliegenden Dörfer, wenn ihnen das aufgrund der bestehenden Arbeitspflicht gestattet wurde.
Durch die Deportation der rund 2000 Nürnberger Juden in die Vernichtungslager sank die Bevölkerungszahl weiter ab. Schliesslich wurden am 7. April 1945 alle Frauen mit Kindern oder ohne kriegswichtige Verpflichtung sowie alle älteren Einwohner aufgefordert, die Stadt zu verlassen, die zum rückwärtigen Operationsgebiet erklärt worden war, nachdem amerikanische Einheiten den Raum Würzburg erreicht hatten und damit etwa 100 Kilometer vor Nürnberg standen.
Neben diesen die Bevölkerungszahl reduzierenden Faktoren wurden andere Personen in Nürnberg angesiedelt bzw. dorthin verschleppt, so insbesondere französische und italienische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, aus Polen und der Tschechoslowakei. Im April 1945 bestand die Nürnberger Bevölkerung überwiegend aus Frauen, nicht verschickten Kindern, uk-gestellten männlichen und alten und kranken Bürgern beiderlei Geschlechts sowie kaserniert lebenden Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern.
Luftkrieg
Die Stadt war durch Luftangriffe der britischen Royal Air Force sowie den United States Army Air Forces schwer geschädigt. Die Luftangriffe auf Nürnberg (mit mehr als zehn Toten) waren im Einzelnen:

Der schwerste Luftangriff auf Nürnberg fand am 2. Januar 1945 von 19:20 Uhr bis 20:06 Uhr statt; er wurde von der Royal Air Force mit 521 viermotorigen Bombern geführt. Bei diesem Angriff wurde insbesondere die Altstadt schwer getroffen. Das Ausmass der Zerstörungen bis zum 2. Januar 1945 ist auf der Karte oben dargestellt. Hierbei stehen hellrot und rot für Totalschäden, hellblau und blau für schwere Schäden, jeweils vor dem bzw. am 2. Januar 1945.
Weitere Luftangriffe, die bereits den Zweck verfolgten, den herannahenden Bodentruppen die Einnahme der Stadt zu erleichtern und den deutschen Truppen die Verteidigung im Bodenkampf zu erschweren, wurden am 20. und 21. Februar von den US Army Air Forces mit 850 bzw. 1100 viermotorigen Bombern geflogen. Den gleichen Zweck verfolgte ein Angriff der Royal Air Force am 16. März 1945. Am 5. und am 11. April 1945 griffen amerikanische Luftverbände nochmals die Altstadt und vor allem den Rangierbahnhof an, auf dem jeder Verkehr ab dem 11. April bis nach Kriegsende vollständig zum Erliegen kam. Bei den beiden letztgenannten Angriffen war die Zahl der Getöteten mit insgesamt 286 relativ gering.
Der Luftangriff am 11. April 1945 war der letzte Luftangriff auf Nürnberg. Damit war Nürnberg sturmreif bombardiert worden. In der Altstadt waren etwa 90 Prozent aller Gebäude vollständig zerstört oder unbewohnbar.
Vorbereitungen auf deutscher Seite
Auf deutscher Seite waren die Entscheidungsträger:
- Oberbürgermeister Willy Liebel
- Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar Karl Holz
- Kampfkommandant Oberst Richard Wolf
In Nürnberg standen zur Verteidigung folgende Einheiten bereit:
- Teile des SS-Panzergrenadierregiments 38, das zur 17. SS-Panzergrenadier-Division „Götz von Berlichingen“ gehörte
- Teile des Luftwaffen-Feldregiments 21
- diverse Ersatztruppenteile
- Landesschützen
- Flugplatzbodenpersonal
- Reichsarbeitsdienst (RAD)
- „Panzervernichtungsbataillone“ der Hitlerjugend
- Volkssturm
- Volksaufgebot: Frauen im Alter von 16 bis 50 Jahren sowie Männer, die nicht zum Volkssturm eingezogen waren; das Volksaufgebot hatte insbesondere Schanzarbeiten auszuführen. Es kam jedoch mangels Beteiligung nicht mehr zum Einsatz und blieb daher theoretisch.
- sogenannte Hilfswillige aus der Sowjetunion
Insgesamt handelte es sich um 11.000 bis 12.000 Männer und Jugendliche ab 14 Jahren. Die Ausstattung der Einheiten war schwach; so standen keine Panzer und keine schwere Artillerie zur Verfügung. Die wesentlichen Waffen waren – neben Gewehren und Pistolen – die etwa 140 Flak-Geschütze in der Stadt, unter ihnen mehrere, von den Alliierten auch als Artillerie gefürchtete 8,8-cm-Flakgeschütze, die überwiegend ortsfest waren und von RAD-Männern, Hitlerjungen und sowjetischen „Hilfswilligen“ bedient wurden. Munitionsmangel bestand nicht, nachdem ein im Nürnberger Rangierbahnhof festliegender Munitionszug mit erheblichen Mengen an Flak-Munition aufgefunden worden war.
Ein Teil der Verbände war abgekämpft, dezimiert und nach Franken zur Auffrischung und Auffüllung verlegt worden (SS-Panzergrenadierregiment 38 und Luftwaffenfeldregiment 21). Der andere Teil der Verbände war nicht oder unzureichend ausgebildet, hatte keine Uniformen, sondern trug laut Befehl des Volkssturms „Räuberzivil mit sportlicher Note“ und eine Armbinde, die den Träger als Kombattanten auswies. Letzteres war von wesentlicher Bedeutung, weil Kämpfende, die nicht als Angehörige einer Streitmacht ausgewiesen waren, als Partisanen und damit als Verbrecher angesehen und behandelt wurden. Ferner fehlten insbesondere dem Flugplatzbodenpersonal, den Hitlerjungen und dem Volkssturm teilweise jede Bewaffnung. Zur Erläuterung solcher Umstände dient ein Tagesbefehl aus der Schlacht um Berlin des dortigen Reichsverteidigungskommissars Joseph Goebbels: „Letztlich sind Waffen nicht so wichtig; in der Schlacht wird sich der Soldat schon irgendwie eine Waffe verschaffen“. Hierzu passt die Aufforderung des NSDAP-Gauinspektors Georg Haberkern, dass die von der Hitlerjugend eingesetzten Kombattanten den amerikanischen Soldaten „die Kehle abbeissen“ sollen. Von den letztgenannten Verbänden waren lediglich die Hitlerjungen ausser mit ihren für den Kampfeinsatz nutzlosen Fahrtenmessern noch mit der Panzerfaust ausgestattet, mit der Panzer auf eine Distanz von wenigen Metern bekämpft werden konnten. Kampfkommandant Wolf versuchte, das Vordringen der Amerikaner durch Gräben und Panzersperren aus Holzlatten und Strassenbahnwagen aufzuhalten. Diese Massnahmen waren von zweifelhafter Wirkung. Wolf erwartete das Eintreffen der amerikanischen Verbände von Westen her, also von der Nachbarstadt Fürth; diese Annahme erwies sich als falsch. Er bereitete aufgrund dieser falschen Annahme die Sprengung der verbliebenen Brücken über den Fluss Rednitz vor.
Ein Schüler beschrieb den Einsatz seines 50-jährigen Vaters als Volkssturmmann bei der Schlacht um Nürnberg wie folgt:

„Ausgerüstet mit einem französischen Gewehr von 1865, zehn Patronen, nur zu einem italienischen Gewehr von 1870 passend, eine Panzerfaust ohne Zünder – im Angesicht zweier im Stadtgraben vor der Burg abgeketteter Ochsen, die als Nahrung während der Belagerung dienen sollten, (sollte er) die Burg von Nürnberg verteidigen […]. Die ganze Tätigkeit bestand nur in der Hissung der weissen Flagge und Übergabe der Burg an die Befreier“.
Die deutschen Einheiten waren an den westlichen Einfallstrassen, insbesondere der Fürther Strasse, sowie an mehreren Punkten entlang der Hauptverkehrsstrassen konzentriert. Am 7. April 1945 wurde Nürnberg zum „rückwärtigen Operationsgebiet“ erklärt, am 13. April wurde der Volkssturm einberufen. Damit waren die Vorbereitungen abgeschlossen.
Vorbereitungen auf amerikanischer Seite
Die amerikanische 3. US-Infanteriedivision unter General John W. „Iron Mike“ O’Daniel war nach Kämpfen am Westwall über den Rhein gesetzt und hatte Bamberg (13. April 1945) und Erlangen (16. April 1945) eingenommen. Parallel nördlich und östlich von ihr drang die 45. US-Infanteriedivision unter General Robert T. Frederick über Worms und Aschaffenburg vor. Beide Einheiten wurden für die Endkämpfe um Nürnberg, Augsburg und München zum XV. Korps unter dem Befehl von Lieutenant General Wade H. Haislip vereinigt und der 7. Armee unterstellt. Von Westen näherte sich die dem XXI. Corps unterstellte 42. Division und, weiter entfernt und als Unterstützungsgruppe, die 12. Panzerdivision, von Osten die 14. Panzerdivision, von Süden die 106. Armoured Cavalry Group. Die Kämpfe wurden auf amerikanischer Seite geleitet vom Kommandeur der 3. Infanteriedivision, General O’Daniel.
Insgesamt hatten die bereitgestellten Einheiten eine Stärke von etwa 100.000 Mann; die in die Kämpfe tatsächlich eingreifenden Truppen (insbesondere 3. und 45. Infanteriedivisionen) von etwa 30.000 Mann. Diese Divisionen waren mit Panzern, Artillerie und schwerer Artillerie ausgestattet. Die anderen um Nürnberg zusammengezogenen Einheiten wurden bereits nicht mehr benötigt; der Krieg war in seiner letzten Phase. Um Überraschungen wie die Ardennen-Offensive im Dezember 1944 zu vermeiden, begleiteten sie als Reserve-Einheiten die kämpfenden Truppen. Ein weiterer Grund dafür, den Vormarsch mit dieser Kampfstärke fortzusetzen, bestand in der Sorge der amerikanischen Generalität, dass die nachrichtendienstlichen Meldungen, es könnte seitens der Deutschen ein Reduit in den Alpen, die sogenannte Alpenfestung, bestehen, zutreffend seien. Zur Realisierung der Alpenfestung war es jedoch nicht mehr gekommen. Der Ring um Nürnberg war im Südwesten zunächst nicht geschlossen, so dass sich die deutschen Truppen über die Rothenburger Strasse hätten zurückziehen können. Dies entsprach der Taktik der amerikanischen Heerführung, die versuchte, die Verluste gering zu halten, während auf deutscher Seite trotz drückender Unterlegenheit Massen- und Materialschlachten gesucht wurden, was militärhistorisch als unvernünftig zu werten ist. Die deutschen Truppen zogen sich, von Einzelpersonen (Deserteuren) abgesehen, nicht zurück. So begann am 16. April 1945 gegen Mittag die Schlacht um Nürnberg.
Äussere Kampfbedingungen
Das Wetter war während der gesamten Kampfhandlungen frühlingshaft warm und freundlich. Es war trocken. Da im Deutschen Reich bereits ab dem 2. April 1945 die Sommerzeit galt, begannen die Kampftätigkeiten jeweils zu einer frühen Tagesstunde.
16. April 1945, Montag
Als Reichsverteidigungskommissar Holz Meldungen vorlagen, dass sich die Amerikaner mit stark überlegenen Truppen, grossen Mengen von Panzern, Artillerie und schwerer Artillerie näherten, machte Holz sich daran, die Selbstzerstörung Nürnbergs nach dem sogenannten Nero-Befehl Adolf Hitlers vom 19. März 1945 einzuleiten. Danach waren bei Annäherung der Alliierten an eine Stadt alle Einrichtungen der Infrastruktur wie Gaswerke, Wasserwerke, Kläranlagen, Kraftwerke, Brücken, Fernmeldeämter zu zerstören. Es lag in Hitlers erklärter Absicht, den Wert einer eingenommenen Stadt für die Alliierten zu verringern. Zudem bräuchte man selbst auf die primitivsten Bedürfnisse des deutschen Volkes keine Rücksicht mehr zu nehmen, da es gegen die stärkeren Ost-Völker versagt und somit abzutreten hätte. Gauleiter Holz gab am 16. April 1945 den Befehl, die Selbstzerstörung auszulösen. Hierzu sollte über den Sender Nürnberg das Kommando „Achtung! Achtung! Sonderkommando Z: Code ‚Puma‘!“ gesendet werden. In stillschweigendem oder einvernehmlichem Zusammenwirken des eher zur Übergabe bereiten Oberbürgermeisters Liebel und des Sprechers des Senders, Wachtmeister der Flak-Artillerie Arthur Schöddert, wurde der Befehl, der vermutlich Tausende von Menschenleben gefordert hätte, nicht gesendet. Auch auf eine Rückfrage durch Holz am Folgetag versicherte Onkel Baldrian, wie Schöddert wegen seiner beruhigenden Stimmlage in der Bevölkerung genannt wurde, wahrheitswidrig, dass er das Zerstörungskommando zweimal vorgelesen habe. Ferner befahl Holz, die im Kühllager der Fa. Linde gelagerten Nahrungsmittel, 1,75 Millionen Kilogramm gefrorenes Fleisch und 670.000 Kilogramm Butter an die Bevölkerung auszugeben. Dies sollte mit künftigen Lebensmittelmarken nach dem angestrebten Zurückweisen des amerikanischen Angriffs verrechnet werden. Daraus ist ersichtlich, dass die Vorräte nicht in die Hände der Amerikaner fallen sollten, falls diese doch Nürnberg einnehmen würden. Damit ist die Schlacht um Nürnberg für viele Bewohner der Stadt assoziiert mit den ersten umfangreichen Mahlzeiten (vier Pfund Rindfleisch pro Person) seit der radikalen Kürzung der Lebensmittelzuteilungen im Winter 1941/1942. Im März 1945 wurden einem „Normalverbraucher“ pro Woche 1700 Gramm Brot, 250 Gramm Fleisch, 125 Gramm Fett zugeteilt.
Gegen Mittag erreichten die ersten amerikanischen Panzer bei Erlenstegen die Stadtgrenze von Osten her. Um 12:45 Uhr wurde irrtümlich erst Fliegeralarm, dann Panzeralarm, auch als Feindalarm bezeichnet, gegeben. Da die Luftschutzsirenen zusammen mit den zerstörten Häusern funktionsunfähig wurden, wurde der Alarm im Rundfunk und durch Lautsprecherwagen bekanntgegeben. Die nichtkämpfende Bevölkerung wurde aufgefordert, die Keller aufzusuchen. Noch am 16. April drangen die Panzerspitzen der 3. Division über Buchenbühl nach Ziegelstein und die der 45. Division über Erlenstegen nach Südwesten in Richtung Rangierbahnhof vor. Zu grösseren Kampfhandlungen kam es bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht. Beide Seiten versuchten, Kampfhandlungen während der Dunkelheit zu vermeiden. Aufgrund der Verdunkelungsmassnahmen war keine Beleuchtung vorhanden, so dass für beide Seiten die Gefahr von Eigenbeschuss als zu hoch eingeschätzt wurde. Davon ausgenommen war Artilleriebeschuss durch die US Army, nachdem Geschossrichtung und Vorhaltewinkel noch bei Helligkeit ermittelt worden waren.
17. April 1945, Dienstag
Am 17. April 1945 begann das Artilleriefeuer auf Nürnberg. Eine telefonische Aufforderung zur Einstellung der Kämpfe und Übergabe der Stadt liess Oberbürgermeister Willy Liebel unbeantwortet; vermutlich wäre ein solcher Entschluss gegen den fanatischen Gauleiter Karl Holz nicht durchsetzbar gewesen. Hierbei ist zu beachten, dass die politische Macht zwischen Liebel und Holz geteilt war, Holz aber die stärkere Position innehatte, die er durch einen Telegrammwechsel mit Hitler gerade in den hier behandelten Tagen weiter festigte. Das Weinlager im Zolllager wurde von Nürnbergern geplündert. Zahlreiche Betrunkene, die in der Stadt unterwegs waren und dort „… groteske Orgien der Trunkenheit“ feierten, wurden teilweise von Artilleriegranaten getroffen, verletzt und getötet. Auch wurden am Rangierbahnhof Güterwaggons mit Lebensmitteln aufgebrochen und geplündert; insbesondere Butterschmalz soll die Beute gewesen sein; ebenfalls wurde das städtische Kleiderdepot von Plünderern gestürmt; erste Angriffe auf private Unternehmen kamen vor. Die amerikanischen Einheiten kamen an diesem Tag weiter voran, auch an den Zentren des deutschen Widerstands in Almoshof, Lohe (3. Inf.-Div.) und an der SS-Kaserne im Süden der Stadt (45. Inf.-Div.). Am Abend des 17. April war die deutsche Hauptkampflinie im Norden, Osten und Südosten verloren.
18. April 1945, Mittwoch
Am 18. April 1945 steigerte sich der Widerstand der Verteidiger. Insbesondere entlang der Haupteinfallstrassen im Norden, Osten und Südosten (Bucher Strasse, Rollnerstrasse, Bayreuther Strasse, Sulzbacher Strasse, Ostendstrasse und Regensburger Strasse) stellten sich vor allem SS- und Luftwaffeneinheiten in Strassenkämpfen den vordringenden Amerikanern entgegen, konnten aber deren Vormarsch nicht verhindern. Die sich hieraus ergebenden Zerstörungen, die in Verbindung mit den Schäden und Verwüstungen aus den Luftangriffen teilweise nichts Identifizierbares mehr hinterliessen, können in den genannten Strassen anhand der heutigen Bebauung noch lokalisiert werden. Am Abend des Tages gruppierten sich die amerikanischen Verbände kreisförmig, im Abstand von etwa 1 Kilometer zum Altstadtring; die zunächst offene Lücke im Südwesten war damit geschlossen. In der Nacht dieses Tages verliessen die militärischen und politischen Befehlshaber (Oberst Wolf, Gauleiter Holz, Oberbürgermeister Liebel) ihren bisherigen Befehlsstand im Paniersbunker, da er nun in der Reichweite amerikanischer Granatwerfer lag, und zogen sich in den Palmenhofbunker am Polizeipräsidium in der südwestlichen Ecke der Altstadt zurück. Gauleiter Holz funkte ein fanatisches Ergebenheitstelegramm an Hitler, in dem er Widerstand bis zum Untergang ankündigte.
Holz verfolgte zwar den Plan, die Alliierten an der Einnahme Nürnbergs zu hindern, zugleich allerdings war ihm bekannt, dass dieses Vorhaben nicht realistisch war. Selbst wenn es gelungen wäre, die angreifenden Einheiten aufzuhalten, so wäre die Konsequenz nicht gewesen, dass der amerikanische Vormarsch aufgehalten worden wäre, sondern dass um Nürnberg ein Kessel entstanden wäre und die restlichen amerikanischen Einheiten um Nürnberg herum ihren Vormarsch fortgesetzt hätten. Daraus ergibt sich, dass sogar im Falle des Gelingens von Holz’ Plan militärisch oder politisch nichts zu erreichen war, jedoch die Bevölkerung der Stadt sowie die kämpfenden Einheiten in grösster Zahl zu Tode gekommen wären. Das Vorhaben kann daher als geplante Massentötung der eigenen Bevölkerung angesehen werden. Diese Haltung, den kollektiven Mord beziehungsweise Selbstmord der Kapitulation vorzuziehen, entsprach der Forderung Hitlers an die Reichsverteidigungskommissare.
19. April 1945, Donnerstag
Am Morgen des 19. April 1945 war Fürth kampflos übergeben worden, so dass die 42. Division ungehindert von Westen nach Nürnberg vordringen konnte. Im Stadtviertel St. Johannis in Burgnähe (insbesondere an der Burgschmietstrasse nahe dem Tiergärtnertor), am Maxtor und am Laufer Tor sowie am Hauptbahnhof und am Plärrer steigerte sich der Strassenkampf zum Häuserkampf. Entsprechend gross war das Ausmass der Zerstörungen, die bis heute im Stadtbild erkennbar sind. Im
Häuserkampf setzten die Deutschen insbesondere Scharfschützen ein. Am Abend des 19. April waren die Amerikaner rundum an die letzte Verteidigungslinie, den Altstadtring, vorgedrungen. So standen die amerikanischen Soldaten beim Hauptbahnhof in der Königstrasse sowie am Plärrer.
20. April 1945, Freitag
Am 20. April 1945, der im nationalsozialistischen Deutschland als „Führergeburtstag“ begangen wurde, nahm sich Oberbürgermeister Liebel entweder selbst das Leben oder wurde aufgrund seiner Bereitschaft zur Übergabe der Stadt von Gauleiter Holz erschossen; das Geschehen wurde nicht sicher geklärt. Nach Schilderung des überlebenden Kampfkommandanten Wolf erschoss Liebel sich gegen 00:30 Uhr am 20. April 1945 im Raum des Gauleiters Holz im Palmenhofbunker. Nach Übergabe eines unter dem Burgberg angelegten, weitverzweigten Tunnelsystems an die Amerikaner (3. Inf.-Div.) durch selbständiges Handeln der Bunkerinsassen und Räumung der Kaiserburg in den frühen Morgenstunden endete der Artilleriebeschuss. Kampfkommandant Wolf funkte gegen 10:30 Uhr an die verbliebenen Verteidiger den Befehl zum Einstellen des Feuers; jedoch übergab er die Stadt nicht, sondern stellte den Truppen ihr Handeln frei. Er handelte damit ähnlich wie in Würzburg, dessen Endkampf er zwei Wochen zuvor geleitet hatte, wo er das gleiche Ergebnis wie in Nürnberg bewirkte: weitgehende Zerstörung der wenigen verblieben Gebäude, Verlust zahlreicher Menschenleben, kein Einfluss auf das Kriegsgeschehen. Einzelne Einheiten setzten daher den Kampf fort, insbesondere die Gruppe um Gauleiter Holz mit einigen Hundert Mann Polizei und Militär im Palmenhofbunker, wo die Kämpfe bis zum Abend andauerten. Unter ihnen befand sich auch der Nürnberger Polizeipräsident Otto Kuschow, der während der Kampfhandlungen umkam.
Am frühen Abend des 20. April 1945 hielt O’Daniel am seinerzeit zum Adolf-Hitler-Platz umbenannten Hauptmarkt eine Siegesparade ab. Zu diesem Zweck wurden die Strassenschilder mit dem Aufdruck „Adolf-Hitler-Platz“ in Bezug auf O’Daniels Spitznamen „Iron Mike“ mit „Eiserner Michael Platz“ überschrieben, später am gleichen Tag wurden Schilder mit der Aufschrift „Roosevelt Place“ angebracht. Der Abhaltung der Siegesparade standen letzte Schusswechsel mit dem letzten Widerstandsnest im Palmenhofbunker nicht entgegen; noch während der Parade am Hauptmarkt wurde auch dieser letzte Widerstand (etwa einen Kilometer vom Hauptmarkt entfernt) gebrochen; dabei kam auch Holz durch Kampfhandlung oder Suizid zu Tode, nachdem er Auflösungserscheinungen unter den von ihm zum Kampfeinsatz befohlenen Polizisten selbst mit gezogener Waffe nicht mehr verhindern konnte (gleichwohl gelang es Holz noch, aus dem Polizeipräsidium das Feuer auf eine Gruppe sich ergebender Polizisten und einen amerikanischen Soldaten auf der damaligen Waizen-, der heutigen Dr.-Kurt-Schumacher-Strasse, zu richten und mehrere Menschen zu töten.) Als vermutlich letzten verbrecherischen Akt liess Holz auf einen belgischen Parlamentär schiessen, der sich dem Bunker näherte. O’Daniel verband die Siegesparade mit einem Trauerakt für den am 12. April 1945 verstorbenen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. In der Nacht zum 21. April 1945 versuchte Wolf, durch Flucht der Gefangennahme zu entgehen. Am frühen Morgen des 21. April 1945 wurde er beim Versuch, sich in einem Keller zu verstecken, von einer amerikanischen Patrouille gefangen genommen. Im Süden der Stadt sollen einzelne Gruppen marodierender deutscher Soldaten bis zum 24. April ihre Waffen benutzt haben.
Fazit
Die Verteidigung der Stadt war militärisch und politisch nahezu nutzlos. In ihrem Verlauf wurden wichtige Gebäude, Brücken und anderen Einrichtungen der Infrastruktur völlig zerstört, darunter die Türme der Sebalduskirche mit ihren Glocken und das zuvor bereits stark beschädigte Gaswerk. Der Vormarsch der US-Streitkräfte und somit die Befreiung des KZ Dachau wurde um mehrere Tage verzögert.
Bei der Schlacht um Nürnberg starben mindestens 901 Menschen:
- 371 Zivilpersonen und Zwangsarbeiter
- 130 amerikanische Soldaten der 3. und der 45. Infanteriedivisionen
- mindestens 400 Angehörige der deutschen Verbände, darunter viele Hitlerjungen bei Versuchen, Panzer im Nahkampf zu vernichten.
Daher wird das Handeln der auf deutscher Seite massgeblichen Personen Liebel, Holz und Wolf als verwerflich gewertet.